Staatsakt für das Grundgesetz geplant

Staatsakt für das Grundgesetz geplant
Ministerpräsidenten rufen zur Stärkung der Demokratie
Am 23. Mai 1949 wurde das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland unterzeichnet. Seit dem Beitritt der DDR 1990 gilt es in ganz Deutschland. Zum 75. Jubiläum wird das Verfassungswerk am Donnerstag mit einem Staatsakt in Berlin gewürdigt.

Berlin (epd). Mit einem Staatsakt in Berlin würdigen die Spitzen des Staates am Donnerstag das vor 75 Jahren verkündete Grundgesetz. Die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der Bundesländer riefen am Mittwoch zur Stärkung der Demokratie auf. Die amtierende Bundesratspräsidentin, Mecklenburg-Vorpommerns Regierungschefin Manuela Schwesig (SPD), nannte es ein „großes Glück, dass wir heute in einem vereinten Deutschland in Frieden, Freiheit und Demokratie leben“. Seit dem Beitritt der DDR zur Bundesrepublik 1990 gilt das Grundgesetz in ganz Deutschland.

„Der kleinste und zugleich größte gemeinsame Nenner sind die ersten Artikel des Grundgesetzes, unsere Grundwerte“, heißt es in dem am Mittwoch online veröffentlichten Aufruf der Ministerpräsidenten. „Wir können über alles diskutieren und streiten, ein gutes Ergebnis erzielen, wenn wir uns gemeinsam auf dieser Basis begegnen.“

Der frühere Bundespräsident Christian Wulff (CDU) sprach sich dafür aus, den 23. Mai als Verkündungstag des Grundgesetzes zum nationalen Feiertag zu erklären. „Dieses Grundgesetz ist die Grundlage, dass es uns allen so gut geht und weiterhin gut gehen wird. Deswegen sollten wir den Tag feiern“, sagte Wulff am Dienstagabend in der hannoverschen Neustädter Hof- und Stadtkirche. Dieser neue Feiertag solle einen bestehenden ersetzen.

Vorschläge, den vorläufigen Charakter des Grundgesetzes aufzuheben, kamen von mehreren Seiten. Die Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Irme Stetter-Karp, sagte, das 75-jährige Bestehen des Grundgesetzes sei eine gute Gelegenheit, um über Artikel 146 neu nachzudenken. Dieser Artikel sieht vor, dass das Grundgesetz seine Gültigkeit verliert, wenn eine Verfassung in Kraft tritt, „die von dem deutschen Volke in freier Entscheidung beschlossen worden ist“. Stetter-Karp sagte, 34 Jahre nach der Wiedervereinigung Deutschlands sei ein guter Zeitpunkt gekommen, das Grundgesetz durch die Bürgerinnen und Bürger zu bestätigen.

Auch der letzte Außenminister der DDR, Markus Meckel, sprach sich dafür aus, Artikel 146 zu streichen. Er bedauerte, dass das Grundgesetz 1990 mit dem Beitritt der ostdeutschen Bundesländer nicht überarbeitet wurde. Damit hätte man eine Identifizierung geschaffen, die für Ostdeutsche wichtig gewesen wäre, sagte der evangelische Theologe dem „RedaktionsNetzwerk Deutschland“.

Die frühere Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland, Charlotte Knobloch, würdigte das Grundgesetz als „Geschenk“, das alles andere als selbstverständlich sei. Für die jüdische Gemeinschaft sei das Grundgesetz nicht weniger als die Voraussetzung, dass Deutschland wieder "Heimat werden konnte und bis heute ist, sagte die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern.

Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) zeigte sich unterdessen besorgt über die Debattenkultur in Deutschland. Es gebe Kräfte im Land, die aus der Spaltung ihr politisches Geschäft gemacht hätten, sagte Baerbock in einem Video, das am Mittwoch auf ihrem offiziellen Instagram-Profil gepostet wurde. Die Verfassung überwinde genau jenes völkische Denken, das Europa an den Abgrund gebracht habe, sagte Baerbock.

Mit einem Staatsakt beginnen am Donnerstag in Berlin die Feierlichkeiten zum 75. Bestehen des Grundgesetzes. Die Festansprache auf dem Forum zwischen Bundestag und Kanzleramt hält Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. An der Feier nehmen die Spitzen aller Verfassungsorgane teil. Dem Staatsakt geht ein ökumenischer Gottesdienst in der Marienkriche in Berlin voraus.

Von Freitag bis Sonntag folgt rund um das Kanzleramt und den Bundestag ein Demokratiefest für die Bevölkerung, das auch dem 35. Jahrestag der Friedlichen Revolution in der DDR gewidmet ist. Gefeiert wird auch in Bonn und in Karlsruhe mit einer Menschenkette um das Bundesverfassungsgericht.