Rassismus erhöht das Risiko für Armut

Rassismus erhöht das Risiko für Armut
Leistung zahlt sich aus, so lautet das Aufstiegsversprechen. Für viele Menschen stimmt es aber nicht, zeigt eine neue Studie. Von Rassismus betroffene Menschen haben demnach oft trotz hoher Bildung und eines Vollzeitjobs ein höheres Armutsrisiko.

Berlin (epd). Rassistische Vorurteile erhöhen für schwarze, asiatische und muslimische Menschen einer Studie zufolge das Armutsrisiko. Wie aus Ergebnissen einer am Dienstag in Berlin vorgestellten Befragung von rund 21.000 Erwachsenen hervorgeht, liegt die Quote der Armutsgefährdung bei Menschen, die keine sogenannte rassistische Markierung haben, bei rund zehn Prozent, bei schwarzen, asiatischen und muslimischen Männern jedoch bei bis zu 41 Prozent.

Als armutsgefährdet gilt, wer weniger als 60 Prozent des durchschnittlichen Nettoeinkommens in Deutschland zur Verfügung hat. Laut Statistischem Bundesamt lag diese Quote 2022 bei rund 15 Prozent aller in Deutschland lebenden Menschen. Für die am Dienstag vorgestellte Studie wurden nur 18- bis 70-Jährige befragt. Die Armutsquote über alle Bevölkerungsgruppen hinweg liegt dort etwas niedriger, was laut den Forscherinnen vermutlich daran liegt, dass Altersarmut weitgehend nicht erfasst ist.

Die Studie des Deutschen Zentrums für Integrations- und Migrationsforschung (DeZIM) ist ein Kurzbericht des Nationalen Diskriminierungs- und Rassismusmonitors, der im Auftrag der Bundesregierung Daten zur Situation von Menschen erhebt und analysiert, die von rassistischen Zuschreibungen betroffen sein können. Der Bericht kommt dabei zu dem Ergebnis, dass es nicht reicht, allein den Migrationshintergrund zu betrachten. Den Angaben zufolge liegt die Armutsgefährdung bei Menschen ohne Migrationshintergrund bei rund 12 Prozent, bei Menschen mit Zuwanderungsgeschichte bei rund 28 Prozent. Bei Menschen ohne Staatsbürgerschaft liegt das Armutsrisiko sogar bei mehr als 35 Prozent. Besonders stark betroffen sind den Daten zufolge schwarze, asiatische und muslimische Menschen.

Die Forschenden haben die Daten dabei in verschiedenen Modellen analysiert, die Bildung, Erwerbsstatus, Geschlecht, Geburtsort und Staatsbürgerschaft jeweils stärker berücksichtigen. Im Ergebnis zeigt sich, dass höhere Bildung oder ein Vollzeitjob das Armutsrisiko bei rassistisch markierten Menschen senken, allerdings nicht auf das gleiche Niveau wie bei Menschen, die ohne rassistische Benachteiligung ins Berufsleben starten. Trotz Vollzeiterwerbstätigkeit leben demnach etwa 22 Prozent der schwarzen Frauen oder 21 Prozent der muslimischen Männer an der Armutsschwelle oder darunter. Bei nicht rassistisch benachteiligten Menschen liegt die Quote nur bei fünf Prozent.

Die Migrationsforscherin Zerrin Salikutluk, Autorin des Berichts und Leiterin des Rassismusmonitors, hob den Zusammenhang zwischen Staatsbürgerschaft und Armutsrisiko besonders hervor. Der Besitz des deutschen Passes habe langfristige Konsequenzen für die Einkommenssituation. Bestimmte Berufe beispielsweise im öffentlichen Dienst seien nur zugänglich mit der deutschen Staatsbürgerschaft. Auch private Arbeitgeber seien verunsichert, wenn der Aufenthaltsstatus eines Jobbewerbers nicht geklärt sei oder scheuten den Aufwand für die Personalabteilung, erläuterte Salikutluk.

Eine weitere Ursache sieht die Sozialwissenschaftlerin in den Hürden bei der Anerkennung von ausländischen Berufsabschlüssen. Viele Zuwanderer gingen einer Arbeit nach, die unterhalb ihrer Qualifikation liege, sagte sie.

Der Präsident des Deutschen Institutes für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, sagte, der Bericht beweise, dass es in Deutschland „gewisse Mythen“ gebe, etwa die Versprechen, dass sich Leistung und Investition in Bildung lohne. „Das stimmt für bestimmte Gruppen nicht“, sagte er. Auch aus wirtschaftlicher Perspektive müsse sich das mit Blick auf fehlende Arbeitskräfte ändern. Der Bericht deute darauf hin, „dass da ein riesiges Potenzial liegt“.