Klingbeil wirbt für anderen Umgang des Westens mit globalem Süden

Klingbeil wirbt für anderen Umgang des Westens mit globalem Süden

Berlin (epd). Der SPD-Bundesvorsitzende Lars Klingbeil plädiert für einen anderen Umgang westlicher Staaten mit dem globalen Süden. „Dafür müssen wir uns von dem Denken lösen, dass alle so sein wollen wie wir“, sagte Klingbeil im Interview mit dem Nachrichtenportal „Web.de News“ (Sonntag). Während Akteure wie China oder Russland in Ländern des globalen Südens sehr aktiv seien, habe der Westen „den Dialog vernachlässigt“.

In vielen Staaten Afrikas, Südamerikas und Asiens verfolge man immer stärker eigene Interesse, sagte Klingbeil. „Wenn wir mit einem selbstbewussten globalen Süden auf Augenhöhe zusammenarbeiten wollen, dann müssen wir auch ihre Geschichte und ihren Blick auf die Welt verstehen lernen.“ Deutschland wolle mehr strategische Partnerschaften mit Ländern im globalen Süden eingehen. „Mit unserem demokratischen System machen wir ein Angebot, das viel nachhaltiger ist als zum Beispiel das von Autokraten wie Putin“, sagte Klingbeil. Der Westen sei im Gegensatz zu Putins Russland ein verlässlicher Partner.

Klingbeil bricht am Sonntagabend zu einer etwa einwöchigen Reise nach Namibia, Südafrika und Ghana auf, wo er sich mit Vertretern der jeweiligen Schwesterparteien treffen wird. Der SPD-Vorsitzende verwies in diesem Zusammenhang auf Fortschritte im Versöhnungsprozess mit Namibia. „Diesen Prozess führen nicht viele ehemalige Kolonialmächte so ernsthaft“, sagte Klingbeil. Deutschland nehme seine Verantwortung für den Genozid an den Herero und Nama wahr.

Zwischen 1904 und 1908 hatte das Deutsche Kaiserreich in seiner damaligen Kolonie einen Völkermord begangen, der 80 Prozent der dort lebenden Herero und 50 Prozent der Nama auslöschte. Mehr als 80.000 Menschen wurden getötet oder verdursteten in der Wüste. 2015 nahmen Deutschland und Namibia Verhandlungen über Zahlungen und eine Entschuldigung für die Verbrechen auf. 2021 erkannte die Bundesregierung die Gräueltaten als Völkermord an. Zugleich sagte Deutschland ein Programm zur Unterstützung der Nachfahren der Herero und Nama in Höhe von 1,1 Milliarden Euro zu. Rechtliche Ansprüche auf Entschädigung sollen daraus aber nicht ableiten lassen.