Familien auf Schrumpfkurs

Großfamilie in Amerika
© Rajiv Perera / Unsplash
Familien werden in Zukunft weltweit kleiner, auch die Strukturen verändern sich. Großeltern werden älter und kommen häufiger in ein Alter, in dem sie viel Pflege benötigen.
Internationale Studie
Familien auf Schrumpfkurs
Weltweit werden sich Familien einer Studie zufolge in Zukunft deutlich verkleinern. Laut der Studie am Max-Planck-Institut für demografische Forschung (MPIDR) in Rostock wird die Zahl der Verwandten, die ein durchschnittlicher Mensch hat, voraussichtlich um mehr als 35 Prozent abnehmen, wie das Institut am Montag mitteilte.

Gleichzeitig verändere sich die Struktur der Familien: Während die Zahl der Cousins und Cousinen, Nichten, Neffen und Enkelkinder stark abnehme, werde die Zahl der Urgroßeltern und Großeltern deutlich zunehmen, heißt es in der internationalen Studie der Forscher Diego Alburez-Gutierrez (Rostock), Iván Williams (Buenos Aires) und Hal Caswell (Amsterdam).

Soziale Unterstützungssysteme ausbauen

Im Durchschnitt hatte demnach im Jahr 1950 eine 65-jährige Frau 41 lebende Verwandte. Im Jahr 2095 werde eine gleichaltrige Frau durchschnittlich nur noch 25 lebende Verwandte haben. Die Studie unterstreicht die Notwendigkeit, in soziale Unterstützungssysteme zu investieren, die das Wohlergehen der Menschen in allen Lebensphasen gewährleisten. Ein großer Teil der Weltbevölkerung habe derzeit keinen Zugang zu hoch entwickelten sozialen Unterstützungssystemen. Für sie seien familiäre Bindungen nach wie vor eine wichtige Quelle der Unterstützung und informellen Pflege, hieß es.

Der Rostocker Forscher Alburez-Gutierrez erwartet, "dass die Gesamtzahl der Familien in allen Regionen der Welt dauerhaft abnehmen wird. Den größten Rückgang erwarten wir in Südamerika und der Karibik", sagte er. Dort hatte 1950 eine 65-jährige Frau im Durchschnitt 56 lebende Verwandte. Im Jahr 2095 werden es voraussichtlich nur noch 18,3 Verwandte sein - ein Rückgang um 67 Prozent, hieß es.

In Europa hat jeder in 2095 nur noch 15,9 Verwandte

Dagegen werden in Nordamerika und Europa die Veränderungen weniger ausgeprägt sein, da hier die Familien schon heute vergleichsweise klein seien. Hatte hier eine 65-jährige Frau im Jahr 1950 etwa 25 lebende Verwandte, werden es laut Studie im Jahr 2095 noch 15,9 sein.

Insgesamt werden sich die weltweiten Familiengrößen bis 2095 angleichen. Während 1950 der Unterschied zwischen Simbabwe als dem Land mit den größten Familien und Italien als Land mit der geringsten Familiengröße 63 betrug, werde dieser Unterschied 2095 voraussichtlich auf 11 schrumpfen, teilte das Institut mit. Im Zusammenhang mit der raschen Alterung der Bevölkerung seien solche Vorhersagen von entscheidender Bedeutung, da kleinere Geburtskohorten zunehmend für ältere Erwachsene aufkommen müssten, die weniger oder keine Verwandten haben.

Für die Studie haben die Forscher historische und prognostizierte Daten aus der 2022 Revision der World Population Prospects der Vereinten Nationen ausgewertet. Anhand mathematischer Modelle wurde die Beziehung zwischen einer Person, ihren Vorfahren und ihren Nachkommen über einen bestimmten Zeitraum dargestellt. Für jedes Land wurden 1.000 Verwandtschaftsverläufe berechnet.