Venezuela: Referendum für Annektierung von Guyana-Gebiet

Venezuela: Referendum für Annektierung von Guyana-Gebiet

Frankfurt a.M., Caracas (epd). Im Streit mit dem Nachbarland Guyana um ein erdölreiches Gebiet haben sich Venezolanerinnen und Venezolaner in einem Referendum dafür ausgesprochen, die Region für ihr Land zu beanspruchen. Knapp 96 Prozent der Teilnehmenden hätten sich für die Erschaffung eines neuen venezolanischen Bundesstaates Guayana Esequiba ausgesprochen, berichtete die Zeitung „El Universal“ unter Berufung auf den Nationalen Wahlrat (CNE) am Sonntagabend (Ortszeit). Mehr als 10,5 Millionen Menschen und damit etwa die Hälfte der Wahlberechtigten hätten sich an der Abstimmung beteiligt.

Der Streit bezieht sich auf ein rund 160.000 Kilometer großes Regenwaldgebiet, das reich ist an Erdöl und anderen Rohstoffen und in dem 125.000 guyanische Staatsbürgerinnen und -bürger leben. Es handelt sich um mehr als die Hälfte des Staatsgebietes Guyanas. Die Regierung des Landes hatte am Freitag den Internationalen Gerichtshof der Vereinten Nationen in Den Haag aufgerufen, die Abstimmung zu stoppen. Die venezolanische Regierung wertete es als Sieg, dass das Referendum nicht verboten wurde. Der Gerichtshof warnte Venezuela allerdings, irgendetwas zu unternehmen, das die Situation im von Guyana verwalteten und kontrollierten Gebiet verändere, solange der Disput nicht geklärt sei.

Die der Opposition nahestehende Online-Zeitung „La Nación“ berichtete von leeren Wahllokalen. Die Abstimmung sei deshalb um zwei Stunden verlängert worden. Die Opposition sieht in der Abstimmung reine Stimmungsmache von Präsident Nicolás Maduro für die Präsidentschaftswahlen, die für die zweite Jahreshälfte 2024 vorgesehen ist. Laut der spanischen Tageszeitung „El País“ hat Maduro die Abstimmung forciert und mit staatlichen Ressourcen über Militärparaden, Konzerte und Kampagnen auf Internet-Plattformen beworben. Einige Oppositionspolitiker nahmen an der Abstimmung teil, andere lehnten sie ab.

Das Gebiet wurde nach jahrelangem Streit 1897 der damaligen Kolonialmacht Großbritannien zugesprochen. Im Zuge der Unabhängigkeit Guyanas 1966 flammte der Streit erneut auf. Eine unter Vermittlung der Vereinten Nationen entschiedene Schlichtung scheiterte nach mehreren Jahren.