Beistand in Gebärdensprache

Gebaerdendolmetscherin bei einer Dialogbibelarbeit
© epd-bild/Norbert Neetz
Eine Gebärdendolmetscherin bei einer Dialogbibelarbeit beim evangelischen Kirchentag in Stuttgart. Die württembergische Gehörlosenseelsorge feiert ihr 100-jähriges Bestehen.
Gehörlosenseelsorge wird 100
Beistand in Gebärdensprache
Seit 100 Jahren gibt es evangelische Gottesdienste für gehörlose Menschen in Württemberg. Die Gemeindearbeit in Gebärdensprache bietet in der württembergischen Landeskirche Seelsorge, Kasualien, Freizeiten und Ausflüge an.

Die württembergische Gehörlosenseelsorge feiert ihr 100-jähriges Bestehen am Sonntag, 29. Oktober, mit einem Gottesdienst im Haus der Begegnung in Ulm.

Die erste schriftliche Erwähnung einer gehörlosen Person innerhalb der württembergischen Kirche stammt aus dem Jahr 1668. In einem Brief berichtet Dekan Joseph Cappel von Urach von einem gehörlosen Mädchen, das zum Abendmahl gehen will, und diskutiert wird, ob das möglich ist.

Eine Wurzel der Gehörlosenseelsorge liegt im 19. Jahrhundert, als an Orten, an denen Pädagogen und Pfarrer bereits seelsorgerlich unter Gehörlosen tätig waren, Schulen und Heime für Gehörlose gegründet wurden. Gehörlose, die diese Schulen besuchten, gründeten dann eigene Vereine, die sich 1923 eigene Gottesdienste wünschten. Wenn möglich, sollten vier Gottesdienste im Jahr gehalten werden, hieß es.

Dem Vikar Held von Urbach wurde dann von kirchlicher Seite erlaubt, im Oktober 1923 den ersten "Sondergottesdienst mit Heiligem Abendmahl" zu halten. Dieses 100-jährige Jubiläum wird am 29. Oktober 2023 mit einem Gottesdienst in Ulm gefeiert.1980 wurde dann das erste Landespfarramt für Hör- und Sprachgeschädigte im Haushaltsplan der Evangelischen Landeskirche genehmigt.

In Baden fand 1794 die erste Konfirmation eines Gehörlosen im Hofe des Markgrafem Karl Friedrich von Baden (1728-1811) statt. Seit 1909 ist eine Gemeindearbeit mit Gehörlosen in Heidelberg nachzuweisen, wo sich auch seit 1982 der Sitz des badischen Landespfarramtes für Gehörlose und Schwerhörige befindet.

Die Arbeit hat sich in den vergangenen Jahrzehnten stark gewandelt. Die Gebärdensprache ist inzwischen eine anerkannte Sprache mit eigener Grammatik. Die Gehörlosenseelsorge verbreitet sonntägliche Andachten, inzwischen deutschlandweit, auf Youtube und informiert über Homepage, Facebook und Instagram. 

Für kirchliche Amtshandlungen reist die Gehörlosenseelsorgerin aber an den jeweiligen Wohnort, Menschen mit Hör-Sehbehinderung erhalten die Sonntagsandachten im Wortlaut, Gespräche unter vier Augen können an einem Treffpunkt, im Messenger-Chat oder per Videokonferenz stattfinden.

Die Gehörlosenseelsorge aller evangelischer Landeskirchen hat sich zur Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Evangelische Gehörlosenseelsorge zusammengeschlossen (DAFEG), die Mitglied im Diakonischen Werk und der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) ist.