Schwierige Suche nach Überlebenden

Katze nach Erdbeben in Marokko
© Mosa'ab Elshamy/AP/dpa
Eine Katze läuft durch die Trümmer nach einem Erdbeben in Marrakesch, welches tausende Todesopfer gefordert hat.
Starkes Erdbeben in Marokko
Schwierige Suche nach Überlebenden
Nach dem schweren Erdbeben in Marokko ist das gesamte Ausmaß der Zerstörung noch nicht absehbar. Der König ordnete drei Tage Staatstrauer an. An den Blutspendezentren bildeten sich lange Schlangen.

Die Suche nach Überlebenden des schweren Erdbebens in Marokko gestaltet sich weiter schwierig. Mehr als die Hälfte der Opfer sind der Regierung zufolge in den Provinzen Al-Haouz und Taroudant im Süden des Landes registriert worden, zwei ländliche Regionen im Atlasgebirge, wie der französische Sender RFI am Sonntag berichtete. Am Sonntag bebte die Erde in der Region erneut, diesmal in der Stärke 4,5, wie der Direktor des Geophysischen Instituts, Nasr Jabour, dem TV-Sender 2M sagte.

Jabour beziffert die Stärke des ersten Erdbebens von Freitagnacht mit 7, andere sprachen von 6,8. Dem Experten zufolge war es das stärkste seit einem Jahrhundert. Die Erschütterungen seien in einem Umkreis von rund 400 Kilometern zu spüren gewesen sein. Laut offiziellen Zahlen sind dabei mehr als 2.000 Menschen getötet und etwa gleich viele verletzt worden, über 1.400 von ihnen schwer. König Mohammed VI erklärte eine dreitägige Staatstrauer.

Es ist davon auszugehen, dass die Opferzahlen weiter steigen werden. Noch immer sind Dörfer im Atlasgebirge nahe des Epizentrums von der Außenwelt abgeschnitten. Fotos und Luftaufnahmen zeigen vollkommen zerstörte Siedlungen. Die einfach gebauten Lehmhäuser wurden vom Beben dem Erdboden gleichgemacht. Die besonders betroffenen Regionen im Atlasgebirge gehören zu den ärmsten des Landes. Inzwischen setzte die Armee auch Hubschrauber ein, um in die entlegenen Gegenden vorzudringen. Die marokkanische Filiale des Kurier- und Logistikunternehmens Aramex stellte ihre Fahrzeugflotte für Hilfstransporte zur Verfügung.

Die Priorität liege derzeit darin, die isolierten Dörfer mit Hilfsmaßnahmen zu erreichen, sagte der Gründer der Marokkanischen Lebensmittelbank, einer Organisation zur Essensverteilung, Karim Tazi beim Sender RFI. Straßen seien durch Trümmer unpassierbar, der Transport von Verletzten schwierig. Besonders wichtig sei auch, die verschiedenen Krankenhäuser mit Blutkonserven zu versorgen. Die Solidarität der Bevölkerung sei jedoch enorm. Bilder auf den sozialen Netzwerken zeigen lange Schlangen in den Blutspendezentren des Landes.

Viele Länder boten Marokko am Wochenende Hilfe an, darunter die EU und Nachbarländer. So hat Algerien seinen Luftraum, der seit 2021 nach einem Streit der beiden Länder für marokkanische Flieger geschlossen war, für humanitäre Flüge ins Katastrophengebiet geöffnet. Tunesien entsandte ein Feldlazarett und Suchtrupps. Auch die spanische Regierung schickte Unterstützung. Private Hilfsorganisationen wie "Secouristes sans frontières" aus Frankreich beklagten unterdessen, dass ihnen Marokko keine Einreiseerlaubnis erteile.

Unterstützung beim Wiederaufbau

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, Indiens Premierminister Narendra Modi, der Vorsitzenden der Afrikanischen Union Azali Assoumani und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron bekundeten ihre Solidarität mit Marokko gemeinsam mit dem Präsidenten der Weltbank, Ajay Banga, und der Chefin des Internationalen Währungsfonds, Kristalina Georgieva. Zusammen mit allen internationalen Partnern stehe man an Marokkos Seite, um kurzfristigen Finanzbedarf zu decken und alle erforderliche Unterstützung zum Wiederaufbau bereitzustellen, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung am Rande des G20-Gipfels in Neu-Delhi.

Das Epizentrum des Bebens lag in der Region von El Haouz, im Atlasgebirge südöstlich der Stadt Marrakesch. Marokko wurde in der Vergangenheit mehrfach von starken Erdbeben erschüttert. Bei einem Beben in der Provinz El Hoceima waren 2004 ebenfalls mehr als 600 Menschen ums Leben gekommen. 1960 zerstörte ein Beben die Stadt Agadir fast komplett. Schätzungen zufolge starben damals mindestens 13.000 Menschen, rund ein Drittel der Einwohner der Stadt.