Pfarrer der Versöhnungskirche in Dachau: Aiwanger nicht mehr tragbar

Pfarrer der Versöhnungskirche in Dachau: Aiwanger nicht mehr tragbar

Dachau (epd). Der Pfarrer der evangelischen Versöhnungskirche in der KZ-Gedenkstätte Dachau, Björn Mensing, kritisiert das Verhalten des bayerischen Wirtschaftsministers Hubert Aiwanger (Freie Wähler) in der Affäre um ein antisemitisches Flugblatt. Die Entschuldigungsbitte des Staatsministers vom 31. August wirke „durch das Fehlen von konkreten Schuldeingeständnissen und durch die Stilisierung zum Opfer eines Shoah-Missbrauchs 'zu parteipolitischen Zwecken' unglaubwürdig“, erklärte der Pfarrer am Sonntag.

Aiwanger disqualifiziere sich damit für ein Amt in der Bayerischen Staatsregierung. „Jeder Tag länger im Amt vergrößert den Schaden für die Glaubwürdigkeit der Erinnerungskultur“, betonte Mensing.

Aiwanger steht wegen eines antisemitischen Flugblatts in der Kritik, das in seiner Schulzeit in seiner Tasche gefunden wurde. Das Flugblatt ruft laut SZ-Recherche zur Teilnahme an einem angeblichen Bundeswettbewerb auf: „Wer ist der größte Vaterlandsverräter?“ Bewerber sollten sich „im Konzentrationslager Dachau zu einem Vorstellungsgespräch“ melden. Aiwanger hat inzwischen 25 Fragen schriftlich beantwortet, die Ministerpräsident Markus Söder (CSU) ihm dazu gestellt hat. Fragen und Antworten sind bislang nicht bekannt. Aiwanger selbst sieht sich als Opfer einer „Hexenjagd“, sagte er der „Bild am Sonntag“.

Seit ihrer Einweihung 1967, bei der KZ-Dachau-Überlebende aus mehreren Ländern mitwirkten, ist die Evangelische Versöhnungskirche in der KZ-Gedenkstätte Dachau der zentrale Gedenkort der Evangelischen Kirche in Deutschland für die Opfer des Nationalsozialismus. Zugleich wird dort seit Jahrzehnten kritisch an die schuldhafte Verstrickung des deutschen Protestantismus in der NS-Zeit erinnert.