Übergangspräsident nach Putsch in Gabun ernannt

Übergangspräsident nach Putsch in Gabun ernannt
EU verurteilt Putsch
Der neue Präsident Gabuns ist der bisherige Chef der Präsidialgarde und Cousin des abgesetzten Staatschefs. Wie die seit Jahrzehnten regierende Familie Bongo ist er Millionär.

Frankfurt a.M., Libreville (epd). In Gabun hat das Militär den Chef der Präsidialgarde Brice Oligui Nguema am Mittwochabend zum Übergangspräsidenten ernannt. Eine entsprechende Erklärung verlasen Soldaten in einer Fernsehübertragung. Nguema ist ein Cousin des am Mittwoch gestürzten Präsidenten Ali Bongo, der sich im Hausarrest befindet. Der frühere Ministerpräsident Gabuns, Raymond Ndong Sima, bezeichnete den Putsch als geringeres Übel.

Die EU verurteilte den Putsch am Donnerstag. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell verwies zugleich auf die Wahlen „voller Unregelmäßigkeiten“ vom 26. August, die dem Putsch vorausgegangen waren. Die Situation in Gabun sei grundlegend anders als im Niger, wo das Militär Ende Juli ebenfalls geputscht hatte, sagte er vor einem informellen Treffen der EU-Außenministerinnen und -minister im spanischen Toledo.

Am Mittwochmorgen war Präsident Ali Bongo kurz vor seiner Festsetzung durch die Militärs mit einer Zweidrittelmehrheit zum Wahlsieger erklärt worden. Damit hätte der von einem Schlaganfall gezeichnete Sohn des Langzeitherrschers Omar Bongo das Land am Golf von Guinea weiter regiert. Die Opposition sprach von Betrug, internationale Journalisten wurden bei den Wahlen nicht zugelassen, das Internet vorübergehend gesperrt.

Der frühere Ministerpräsident Raymond Ndong Sima erklärte auf Facebook, in einer Demokratie werde ein politischer Machtwechsel an den Urnen angestrebt. Dies sei in Gabun in den vergangenen Monaten nicht der Fall gewesen, schrieb der Regierungschef von 2012 bis 2014. Die Militärs, die den Wahlprozess unblutig beendet hätten, müssten nun das Ziel haben, in einer begrenzten Zeit eine verfassungsmäßige Ordnung wiederherzustellen und dafür andere politische Kräfte einbeziehen.

Brice Oligui Nguema ist Ende 40 und war als junger Mann nach seiner Militärausbildung in Marokko der persönliche Assistent seines Onkels Ombar Bongo, der das zentralafrikanische Land 41 Jahre lang regierte. Als nach dessen Tod Ali Bongo übernahm, wurde Nguema ins Ausland geschickt, arbeitete an verschiedenen Botschaften als Militärattaché. Nach seinem Schlaganfall ließ Ali Bongo den Cousin zurückkehren, der 2019 das Kommando über die Präsidialgarde übernahm. Brice Nguema ist, ebenso wie Ali Bongo, Multimillionär.

Nach dem Putsch kursierten im Internet Videos, in denen Armeeangehörige zu sehen sind, die den General als „neuen starken Mann“ feiern. Das zentralafrikanische Land ist damit die sechste ehemalige französische Kolonie in Afrika, in der in den vergangenen drei Jahren die Armee die Macht übernommen hat, nach Mali, dem Tschad, Guinea, Burkina Faso und Niger. Am Mittwochvormittag hatten Generäle in Gabun live im Fernsehen erklärt, dass alle Institutionen aufgelöst seien. Zugleich erklärten sie die Wahlen für nichtig.

Die Familie Bongo regiert das Land seit mehr als 55 Jahren und beutet seitdem die Ressourcen des Landes zu ihren eigenen Gunsten aus. Laut dem US-amerikanischen Netzwerk OCCRP, das zu organisierter Kriminalität recherchiert, hat Nguema zwischen 2015 und 2018 in den USA Immobilien im Wert von insgesamt mehr als einer Million Dollar ohne Kredite erworben. Gabun ist laut Weltbank der viertgrößte Öl-Produzent in Subsahara-Afrika. Dennoch lebt etwa ein Drittel der rund 2,3 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner unterhalb der Armutsgrenze.