Hinweise auf "Grenzverletzungen" durch "Sternsinger"-Präsidenten Pilz

Hinweise auf "Grenzverletzungen" durch "Sternsinger"-Präsidenten Pilz

Aachen (epd). Die Missbrauchsuntersuchung zur Amtszeit des 2019 verstorbenen Pfarrers Winfried Pilz als Präsident des katholischen Kindermissionswerks „Die Sternsinger“ hat Hinweise auf „sexualbezogene Grenzverletzungen“ gegenüber vier Männern zutage gefördert. Laut dem am Donnerstag in Aachen veröffentlichten Bericht der Rechtsanwältin und Mediatorin Bettina Janssen haben sich jedoch keine Anhaltspunkte dafür gefunden, dass Pilz während seiner Zeit als Präsident zwischen 2000 und 2010 Minderjährige sexuell missbraucht hat.

Die beschriebenen Grenzverletzungen gegenüber vier ehemaligen Mitarbeitern des Missionswerks, das jeweils zum Jahreswechsel die bekannte Sternsinger-Aktion organisiert, „können als Teil von möglichen Anbahnungsprozessen verstanden werden“, schreibt Janssen in dem rund 130 Seiten umfassenden Bericht. So hätten die Männer unter anderem von Einladungen zu gemeinsamen Saunabesuchen, einer „unangemessenen Nähe auf Reisen“ und „festen Umarmungen“ sowie Küssen auf die Wange berichtet. Auch soll Pilz (1940-2019) angeboten haben, bei ihm in der Wohnung einen Mittagsschlaf zu halten.

Während seiner Amtszeit sei Pilz „aufgrund seiner Macht- oder Autoritätsposition innerhalb der Kirche und des Kindermissionswerks sowie aufgrund von Schwächen im System des kirchlichen Schutzes“ in der Lage gewesen, seine Macht zu missbrauchen, ohne Konsequenzen befürchten zu müssen. Zudem habe es damals für Mitarbeiter keine niederschwelligen Beschwerdemöglichkeiten gegeben.

Der Präsident des Kindermissionswerks, Pfarrer Dirk Bingener, erklärte, dass die Feststellungen im Gutachten konkrete Schritte zur Folge haben müssten. Geplant seien unter anderem die Entwicklung eines umfassenden Verhaltenskodexes für Führungskräfte und Mitarbeiter des Kindermissionswerks sowie die Überprüfung und der Ausbau von Beschwerde- und Meldewegen. Die Erkenntnisse aus dem Gutachten wiesen zudem darauf hin, dass es mehr Personal in den Interventionsstellen der Bistümer brauche.

Das Lied „Laudato si“, dessen deutschen Text Pilz 1974 verfasst hatte, will das Kindermissionswerk „aus Respekt vor allen Menschen, die von sexualisierter Gewalt betroffen sind“, nicht mehr in seinen Materialien verwenden. Die bisherigen Erlöse aus den Tantiemen für die Nutzungsrechte des Liedes würden für Kinderschutzprojekte verwendet.

Das Erzbistum Köln hatte in einem öffentlichen Aufruf vom Juni 2022 darüber informiert, dass sich Pilz vor seiner Amtszeit beim Kindermissionswerk in den 1970er Jahren gegenüber einer schutzbedürftigen Person sexuell missbräuchlich verhalten hatte. Der Fall wurde in der Missbrauchsstudie des Erzbistums Köln dokumentiert. Die Janssen-Untersuchung hatte das Kindermissionswerk Ende November 2022 in Auftrag gegeben. Sie stütze sich auf Akten des Kindermissionswerks, digitale Quellen, Presseberichte sowie die Informationen aus der Kommunikation mit Beschäftigten.