Misereor fordert Zurückhaltung in Niger

Misereor fordert Zurückhaltung in Niger
Krisen wie der Ukraine-Krieg und der Klimawandel wirken sich besonders auf arme Länder aus. Vor diesem Hintergrund ruft Misereor dazu auf, mehr in humanitäre Hilfe zu investieren. Das katholische Hilfswerk verzeichnet einen Spendenrückgang.

Berlin, Aachen (epd). Das katholische Hilfswerk Misereor hat die internationale Gemeinschaft nach dem Putsch in Niger zur Zurückhaltung aufgerufen. Unangemessene Einmischung müsse vermieden werden, forderte die Hilfsorganisation am Donnerstag anlässlich der Veröffentlichung ihres Jahresberichts. Misereor-Hauptgeschäftsführer Pirmin Spiegel sagte bei der Vorstellung der Zahlen für 2022: „Wir sollten es aushalten, dass Länder ihre Souveränität ausüben und nach eigenen Lösungen für ihre inneren Widersprüche suchen.“

Die jüngsten Ereignisse in Niger beeinträchtigten zunehmend die Arbeit der dortigen Partner, die in der Vergangenheit ein Bollwerk gegen Instabilität gewesen seien. „Der Zugang zu benachteiligten Bevölkerungsgruppen in abgelegenen Regionen wird komplizierter und riskanter“, sagte Spiegel. Überdies würden die für die Arbeit notwendigen Ausrüstungen sowie Strom und Treibstoff knapper. Es gebe immer wieder Angriffe auf Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie Versuche bewaffneter Gruppen, Fahrzeuge und Materialien zu entwenden oder zu beschlagnahmen.

Für die Arbeit im Niger und rund 90 weiteren Ländern nahm Misereor im vergangenen Jahr mit 61,7 Millionen Euro weniger Mittel aus Spenden und Kollekten ein als im Vorjahr (2021: 63,1 Millionen Euro). Dem Jahresbericht der Hilfsorganisation zufolge standen 2022 für 3.200 Projekte insgesamt 241,5 Millionen Euro zur Verfügung. Im Vorjahr waren es 247 Millionen Euro.

Angesichts von weltweit 110 Millionen Geflüchteten bezeichnete Spiegel Forderungen nach einer Infragestellung des individuellen Rechts auf Asyl als nicht angemessen: „Stattdessen brauchen wir partnerschaftliche Abkommen mit den Ländern des globalen Südens, die auch die Situation in den Herkunfts- und Transitländern berücksichtigen.“

Der Vorsitzende der Katholischen Zentralstelle für Entwicklungshilfe (KZE), Prälat Karl Jüsten, beklagte vor diesem Hintergrund staatliche Kürzungen. Im vergangenen Jahr hätten der Zentralstelle 164,13 Millionen Euro aus dem Bundeshaushalt zur Verfügung gestanden. Das seien knapp 6,1 Millionen Euro weniger als im Vorjahr gewesen. „Es erfüllt uns mit großer Sorge, dass der Entwurf des Haushalts des Entwicklungsministeriums für 2024 Kürzungen um 5,3 Prozent auf 11,5 Milliarden Euro vorsieht“, sagte Jüsten. Stattdessen seien deutliche Steigerungen notwendig.

Jüsten wies in diesem Zusammenhang unter anderem auf die Lage im Sudan hin. „Fortwährende Armut befeuert die Machtübernahme autoritärer oder autokratischer Regierungen“, sagte er. Der Militärputsch vor zwei Jahren und der derzeitige Bürgerkrieg hätten alte ethnische Konflikte im Sudan neu entfacht, vor allem in der Region Darfur. Es könne bereits jetzt von einer Fortsetzung des Völkermordes von 2003 bis 2020 gesprochen werden.

„Der Zerfall des Sudan als einheitlicher Staat und damit eine Destabilisierung in der gesamten Region schreitet rapide voran“, warnte Jüsten. Vor diesem Hintergrund müssten regionale Vermittlungsbemühungen unterstützt und internationale Hilfe für die Geflüchteten sowie für die Aufnahmeländer aufgestockt werden, um eine weitere humanitäre Krise abzuwenden.