AWO: Offener Brief warnt vor "sozialen Kipppunkten"

AWO: Offener Brief warnt vor "sozialen Kipppunkten"

Berlin (epd). In einem offenen Brief an die Bundesregierung mahnt die Arbeiterwohlfahrt (AWO) mehr Einsatz gegen Armut und Vereinsamung an. „Ein in der politischen Nabelschau verfangenes Regieren, das den Druck auf große Teile der Bevölkerung nicht sehen will, ist in höchstem Maße demokratiegefährdend“, heißt es in dem am Donnerstag veröffentlichten Schreiben. Der Verband verweist darauf, dass die seit langem unter Druck stehende soziale Infrastruktur die Folgen steigender Armut und Einsamkeit nicht mehr abfedern könne. Es drohten „soziale Kipppunkte“.

Die im Koalitionsvertrag versprochenen Vorhaben für mehr soziale Gerechtigkeit seien nur teilweise oder gar nicht umgesetzt worden, beklagen Kathrin Sonnenholzner und Michael Groß, die Präsidenten der AWO: „Wir müssen es in aller Deutlichkeit sagen: Immer mehr Menschen werden ins Abseits geraten, während die soziale Infrastruktur bereits jetzt so löchrig ist, dass zu viele durchs Netz fallen.“ Sie fordern die Regierung auf, „diesen Kurs zu ändern“. Die Bundesregierung dürfe sich nicht länger „ihrer Verantwortung für ein nachhaltiges Gemeinwohl und -wesen entziehen“.

Der Verband fordert in seinem Brief unter anderem eine wirkungsvolle Armutsbekämpfung, die Einführung der Kindergrundsicherung, eine Reform der Pflegeversicherung und Entlastungen auf dem Wohnungsmarkt. Statt stoisch auf Sparzwänge und die Schuldenbremse zu verweisen, müsse die Politik sich an der sozialen Wirklichkeit ausrichten.

Der offene Brief wurde zum Auftakt der Kampagne „Zuhören. Verstehen. Helfen. Für mehr Zusammenhalt - Raus aus Einsamkeit und Armut!“ versandt. Im Rahmen der Initiative besucht die AWO-Führung über die Sommermonate Einrichtungen und Projekte der AWO in ganz Deutschland, um sich über Unterstützungswünsche zu informieren und Forderungen an die Politik zu sammeln. Begleitet werde die Rundreise durch eine Umfrage in den sozialen Anlaufstellen der Arbeiterwohlfahrt. Beim Start am Donnerstag im AWO Familienzentrum Fennpfuhl in Berlin ging es um die Problemlagen von Kindern und Jugendlichen.