Familienministerin Paus pocht auf Einführung der Kindergrundsicherung

Familienministerin Paus pocht auf Einführung der Kindergrundsicherung
Lindner: Einstelliger Milliardenbetrag nötig
In ihrem Koalitionsvertrag hatten die Parteien der Ampel-Koalition die Einführung einer Kindergrundsicherung vereinbart. Finanzminister Lindner hält es indes für falsch, nur auf Geldzahlungen für Familien zu setzen.

Berlin (epd). Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) pocht darauf, dass die geplante Kindergrundsicherung bei den Haushaltsverhandlungen prioritär behandelt wird. „Sie ist das wichtigste sozialpolitische Vorhaben dieser Regierung“, sagte Paus der Zeitung „Welt am Sonntag“. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) äußerte sich zurückhaltend zu Plänen von Paus, auch die individuellen Leistungen für arme Kinder zu erhöhen. Das Deutsche Kinderhilfswerk warnte unterdessen vor einer „Mogelpackung“.

Im Koalitionsvertrag sei festgeschrieben, die Kindergrundsicherung einzuführen: „Daran wird sich die Koalition messen lassen müssen“, unterstrich die Familienministerin. Die Kindergrundsicherung ermögliche den Zugang zu allen existenzsichernden Leistungen mit nur einem Antrag und eine weitgehend automatisierte Auszahlung. Jeder Cent im Kampf gegen Kinderarmut sei „eine Investition in die Zukunft unserer Gesellschaft“, sagte die Grünen-Politikerin.

Die Kindergrundsicherung soll ab 2025 ausgezahlt werden und bisherige Familienleistungen bündeln. Zugleich sollen Zugangshürden für Familien abgebaut werden. Umstritten ist in der Ampel-Koalition, ob mit der neuen Leistung für Kinder auch eine Erhöhung der Leistungen einhergehen soll.

Bundesfinanzminister Lindner sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Samstag), es sei in der Ampel-Koalition unstrittig, dass es ein einfaches, digitales Verfahren geben solle, damit Familien das erhielten, was ihnen zustehe. „Ich rechne damit, dass hierfür zusätzliche Mittel aus dem Bundeshaushalt in einstelliger Milliardenhöhe benötigt werden“, sagte der FDP-Politiker.

Zugleich betonte Lindner, bei der Bekämpfung der Kinderarmut sei entscheidend, dass das Geld bei den Kindern ankomme: „Nur auf Geldzahlungen zu setzen, wäre falsch.“ In manchen Fällen komme die Hilfe nie bei den Kindern an, sondern bleibe beim Familienoberhaupt. Gerade für Familien, in denen nicht Deutsch gesprochen werde und in denen bisher niemand ein eigenes Einkommen erziele, gebe es bessere Hilfen als mehr Geld: „Sprache und Bildung für die Eltern, damit sie den Lebensunterhalt selbst finanzieren können.“

Die SPD-Vorsitzende Saskia Esken sagte der „Welt am Sonntag“: „Einen fairen, sozialen Staat der verlässlichen Daseinsvorsorge gibt es nicht für lau.“ Zwar seien Kindergeld und Kinderzuschlag zum Jahresanfang bereits massiv erhöht worden. Der Kinderzuschlag erreiche derzeit aber nur 35 Prozent der eigentlich Berechtigten.

Auch Andreas Audretsch, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Grünen im Bundestag, verwies auf den Koalitionsvertrag. „Jedes fünfte Kind lebt in Armut, das zu beenden, ist eine Investition in die Kleinsten unserer Gesellschaft und in die Zukunft unseres Landes gleichermaßen“, sagte Audretsch. Zum Nulltarif sei das nicht zu haben.

Der Präsident des Deutschen Kinderhilfswerks, Thomas Krüger, warnte vor einer „Mogelpackung“ bei der Kindergrundsicherung. Die Höhe der Leistung müsse das vom Bundesverfassungsgericht geforderte Mindestmaß an Teilhabe am gesellschaftlichen, politischen und kulturellen Leben von Kindern und Jugendlichen abdecken, sagte Krüger der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (Samstag): „Das wird mehr Geld kosten als bisher.“

Auch der Deutsche Kinderschutzbund pochte auf Fortschritte bei der Kindergrundsicherung. „Mein Verständnis für die Hinhaltetaktik einiger Minister innerhalb der Koalition ist allmählich erschöpft“, sagte Kinderschutzbund-Präsident Heinz Hilgers der „Stuttgarter Zeitung“ und den „Stuttgarter Nachrichten“ (Samstag).