"Diakonie als Arbeitgeber besser, als manche behaupten"

Foto: epd-bild/Werner Krueper
An Krücken: Die Arbeitsverhältnisse in diakonischen Einrichtungen sind besser als gedacht und dennoch bleibt einiges zu tun. Krankenschwester und Patientin im Martin-Luther-Krankenhaus der Paul Gerhardt Diakonie, Berlin.
"Diakonie als Arbeitgeber besser, als manche behaupten"
Die Diakonie reagiert mit einer eigenen Untersuchung auf die Kritik an kirchlichen Arbeitgebern. Dass durch Zeitarbeit und Outsourcing die Personalkosten gedrückt würden, lasse sich nicht belegen, sagt Diakonie-Präsident Johannes Stockmeier.

Als erster Wohlfahrtsverband hat die Diakonie Deutschland am Donnerstag in Berlin eigene Zahlen zu den kirchlichen Arbeitsverhältnissen vorgelegt. Diakonie-Präsident Johannes Stockmeier sagte, der evangelische Verband brauche sich nicht zu verstecken. Die Diakonie sei ein "attraktiver Arbeitgeber". Vorwürfe, wonach die kirchlichen Tarife vielfach unterlaufen würden, um die Personalkosten zu drücken, ließen sich empirisch nicht nachvollziehen: "Die Diakonie steht gut da." Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) begrüßte die Ergebnisse. Die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di sprach von "Etikettenschwindel".

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Gefragt wurde insbesondere nach dem Einsatz von Zeitarbeitern, der Ausgliederung von Betriebsteilen und der Anwendung von Kirchen- und anderen Tarifen. Der Untersuchung zufolge spielt die Zeitarbeit in diakonischen Einrichtungen kaum eine Rolle. Der Anteil ausgegliederter Servicegesellschaften, in denen in der Regel niedrigere Löhne gezahlt werden als im Kernbereich der Diakonie, liegt den Angaben zufolge unter zehn Prozent.

Zwei Prozent beschäftigen Leiharbeiter zu lang

Im Einzelnen gab es drei Befragungen, die das Nürnberger Forschungsinstitut Berufliche Bildung (f-bb) ausgewertet hat. Die Daten lassen den Forschern zufolge "kein repräsentatives Urteil zur Diakonie zu, geben aber ein gutes und realistisches Bild von den Verhältnissen". Von 4.840 diakonischen Trägern beteiligten sich 3.197 Träger, also knapp zwei Drittel, an den Umfragen. Sie beschäftigen rund 380.000 von 453.000 Mitarbeitern in der gesamten Diakonie. Der Rücklauf sei "enorm hoch", sagte der Personalvorstand der Diakonie Deutschland, Jörg Kruttschnitt. Die Studie zeige daher klare Trends.

Im Einzelnen zeigen die Ergebnisse, dass der Anteil der Leiharbeiter zwischen 1,1 Prozent in der nordrhein-westfälischen Diakonie und 1,3 Prozent bundesweit liegt. Drei Viertel der Zeitarbeiter in der Diakonie werden nach den Zeitarbeitertarifen bezahlt. Zum Vergleich: In Deutschland arbeiten rund 3,2 Prozent der Arbeitnehmer als Leiharbeiter. Zwei Prozent der diakonischen Einrichtungen, die Zeitarbeiter beschäftigen, setzen sie länger als zwölf Monate ein, was nach dem kirchlichen Arbeitsrecht unzulässig ist. Dem werde man nachgehen, sagte Stockmeier.

Frage nach Bezahlung nur von wenigen beantwortet

Ausgliederungen in Servicegesellschaften mit häufig geringeren Löhnen sind der Studie zufolge bei der Diakonie kein gravierendes Problem. 8,6 Prozent der diakonischen Träger, die dazu Angaben machten, haben Betriebsteile ausgegliedert. Dabei handelt es sich vorrangig um die Hauswirtschaft und Gebäudeverwaltung, also Küchen, Wäschereien, Putzdienste oder Hausmeistertätigkeiten etwa in Heimen oder Kliniken. Bezogen auf die Mitarbeiterzahl bedeute dies, so die Verfasser der Studie, dass zwischen 4,6 Prozent und 7,5 Prozent der Beschäftigten in ausgegliederten Bereichen arbeiten. Jeder Zweite der Beschäftigten in den ausgegliederten Bereichen erhält einen Stundenlohn unter 8,41 Euro.

Der überwiegende Teil der diakonischen Träger wende in den Servicebetrieben den Kirchentarif oder branchenspezifische Tarifverträge an, so die Studie. Auf die Frage nach der Bezahlung hatte allerdings nur ein geringer Teil der Träger geantwortet. Auch bei anderen Einzelfragen war der Rücklauf erheblich geringer als die Zahl der insgesamt befragten Träger, so dass die Ergebnisse eine unterschiedlich breite Datenbasis haben.

"Diakonie besser, als manche behaupten"

Zur Anwendung des kirchlichen Arbeitsrechts liegen von 2.894 Trägern Antworten vor. Von ihnen haben 2.635 Träger angegeben, dass sie Kirchentarif anwenden. 448 Träger wenden andere Tarife wie etwa Haustarife an.

Die Evangelische Kirche zeigte sich über die Ergebnisse erfreut. Sie zeichneten ein "insgesamt positives Bild", sagten der stellvertretende Vorsitzende des Rates der EKD, Landesbischof Jochen Bohl, und die Präses der EKD-Synode, Katrin Göring-Eckardt. Es werde deutlich, "dass die Diakonie als Arbeitgeber sehr viel besser ist, als manche Gegner des kirchlichen Arbeitsrechtes immer wieder behaupten", so Bohl.

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Die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di kritisierte die Studie als "untauglichen Versuch", die Öffentlichkeit über "gravierende Mängel im kirchlichen Arbeitsrecht" hinwegzutäuschen. Beschäftigte in kirchlichen Einrichtungen seien Arbeitnehmer minderer Rechte, sagte ver.di-Bundesvorstandsmitglied Ellen Paschke. Die Ergebnisse widersprächen in großen Teilen den Erfahrungen der Diakonie-Beschäftigten.

An den drei Einzelbefragungen hatten sich der Bundesverband der Diakonie, der diakonische Arbeitgeberverband VdDD und die Diakonie Rheinland-Westfalen-Lippe beteiligt. Die Ergebnisse stammen aus dem Mai 2011 und dem September 2011. Mit der Untersuchung kommt die Diakonie einem Auftrag der EKD-Synode nach. Angesichts der wachsenden Kritik am kirchlichen Arbeitsrecht hatte das Kirchenparlament den Wohlfahrtsverband aufgefordert, Fakten und Zahlen vorzulegen.