Gedenkgottesdienst für getöteten Schüler aus Wunstorf

Gedenkgottesdienst für getöteten Schüler aus Wunstorf
Kirchengemeinde und Stadtteil ringen nach Gewaltverbrechen um Worte
Noch immer sind Wunstorfs Bürger schockiert angesichts der Gewalttat, die sich in ihrer Stadt ereignete. Ein evangelischer Gottesdienst am Sonntag sollte Trauer und Fassungslosigkeit Raum geben. Bürgermeister Zülich warnte vor Schuldzuweisungen.

Wunstorf (epd). Nach dem gewaltsamen Tod eines 14-jährigen Schülers in Wunstorf sind am Sonntag rund 100 Bürgerinnen und Bürger der Stadt zu einem Gottesdienst zusammengekommen. „Wir haben keine Worte für all die Gefühle, die im Moment in unseren Herzen und im Bauch, durch den Kopf und die Seele kreisen“, sagte Gemeindepastorin Franziska Oberheide in der Corvinuskirche, unweit des Ortes, wo der Leichnam des Jungen gefunden worden war.

„Wir wollen verstehen“, sagte die Pastorin angesichts des Gewaltverbrechens. Aber Verstehen sei nicht möglich. Ein Weg des Umgangs könne sein, zu hadern und Gott anzuklagen. Zugleich sei es geboten, zusammenhalten und das Unfassbare gemeinsam zu ertragen.

Der Schüler der Evangelischen IGS Wunstorf war am 25. Januar tot aufgefunden worden. Nach Polizeiangaben hat ein gleichaltriger Mitschüler gestanden, den Jungen getötet und versteckt zu haben. Die Staatsanwaltschaft geht von einer vorsätzlichen Tat aus. Sie sieht das Mordmerkmal der Heimtücke als gegeben an. Der mutmaßliche Täter befindet sich in Untersuchungshaft.

Ortsbürgermeister Frank Zülich (SPD), der den Gottesdienst mitgestaltete, appellierte an die Bürger, das Ergebnis der Ermittlungen und den Richterspruch abzuwarten und auf Schuldzuweisungen und Verdächtigungen zu verzichten. Im Ortsteil hätten die Eltern eines Jugendlichen bereits Morddrohungen erhalten, weil der Name ihres Sohnes dem Namen des mutmaßlichen Täters ähnele. Der Vater des Jungen habe die Polizei eingeschaltet. „Wir wollen nicht mit dem Finger auf andere zeigen, auch nicht auf die Eltern des mutmaßlichen Täters“, betonte Zülich. Die Gemeinschaft müsse jetzt zusammenstehen.

Nach dem Gottesdienst zündeten Besucher im Altarbereich Kerzen an und trugen sich in das Kondolenzbuch ein. „Ich wollte mich hier von dem Jungen verabschieden“, sagte eine Besucherin. Fast täglich komme sie am Tatort vorbei. „Es ist unvorstellbar, dass so etwas in unserer heutigen Zeit passiert.“

Auch am Fundort des Leichnams bekundeten Bürger ihre Trauer und Anteilnahme. Rund zwei Dutzend Grablichter, Tulpensträuße und bemalte Steine bedeckten am Sonntagmorgen den grasbewachsene Erdwall am Rande einer Wohnsiedlung, hinter dem der leblose Körper des 14-Jährigen entdeckt worden war.

Auf der Gedenkseite des Bestatters entzündeten bis Sonntag rund 150 Menschen virtuelle Trauerkerzen und brachten ihre Anteilnahme zum Ausdruck. Darunter auch zahlreiche Personen, die den getöteten Schüler nach eigenen Angaben zwar nicht persönlich kannten, aber dennoch tief bestürzt auf seinen Tod reagierten. „Ich kannte Dich nicht, aber es macht mich unendlich traurig, wütend und fassungslos, was Dir passiert ist. Seit ich davon in den Medien las, denke ich täglich an dich und deine Familie“, kommentierte eine Frau auf der Trauerseite.

Die Trauerfeier mit anschließender Beisetzung im engsten Familienkreis ist nach Angaben des Bestatters für Dienstag geplant.