Weihnachten in der WG am Ende der Welt

Karsten Böddeker bei der Antennenkontrolle
© epd-bild/Michael Trautmann
Karsten Böddeker bei der Antennenkontrolle auf dem Stationsdach der Forschungsstation Neumayer III.
Feier der Antarktis-Forschungsstation
Weihnachten in der WG am Ende der Welt
Die Sonne geht nicht unter, Pinguine und Sturmschwalben sind Zaungäste, wenn der Weihnachtsbaum geschmückt wird: Auch auf Deutschlands Forschungs-Außenposten in der Antarktis wird Heiligabend gefeiert - unter anderem mit einem festlichen Menü.

Es ist der südlichste Arbeitsplatz Deutschlands: Auf dem Ekström-Schelfeis an der Küste des östlichen Weddell-Meeres steht "Neumayer III", die Basis der deutschen Antarktisforschung. Jetzt, im antarktischen Sommer bei nur wenigen Minusgraden, ist in dem Komplex Hochbetrieb. "Hier leben und arbeiten gerade 46 Frauen und Männer", berichtet Funker und IT-Spezialist Karsten Böddeker. Und die letzten Vorbereitungen für das Weihnachtsfest laufen.

Mehr als 2.000 Kilometer vom geografischen Südpol entfernt herrscht gerade "Polartag". Noch bis zum 27. Januar verschwindet die Sonne nicht hinter dem Horizont, die Antarktis gibt sich so gar nicht weihnachtlich. "Für mich ist es das erste Weihnachtsfest hier auf Neumayer III", sagt Böddeker am Telefon. Er ist an Bord des deutschen Forschungseisbrechers "Polarstern" angereist und gehört seit Januar zum Team der Station des Bremerhavener Alfred-Wegener-Institutes für Polar- und Meeresforschung in der Eiswüste.

Es werde ein Weihnachtsessen geben, freut sich der 33-Jährige, "eine Überraschung - der Koch wird was Feines zaubern". Vergangenes Jahr, so steht es im Blog der Neumayer-Station, gab es ein Menü mit Salat, pürierter Zwiebelsuppe und gebratenem Kabeljau, als Hauptgang Pute mit Knödeln und Blaukraut und als Nachspeise Tiramisu und Creme Karamell. Dazu einen erlesenen Wein.

Das Festmahl für die Crew schmückt ein wieder verwendbarer Weihnachtsbaum aus Kunststoff, der Umwelt zuliebe. "Und wir dekorieren ein wenig", ergänzt Böddeker. Alles läuft etwas langsamer. Das Fest wird also auch hier den Alltag unterbrechen, der ansonsten so gut wie keine Unterschiede zwischen Werktagen und Wochenenden kennt.

Karsten Böddeker im Funk-Büro. Es ist der südlichste Arbeitsplatz Deutschlands: Auf dem Ekström-Schelfeis an der Küste des östlichen Weddell-Meeres steht "Neumayer III", die Basis der deutschen Antarktisforschung.

"Hier ist eigentlich jeder Tag ein Arbeitstag - meist vollgepackt", sagt der Ostwestfale Böddeker aus dem Landkreis Höxter, der noch bis Ende Januar auf dem deutschen Außenposten in der Antarktis auf fließendem Eis arbeitet. Eine Dokumentation über die Forschungsstation hat ihn so begeistert, dass er sich auf eine Stellenanzeige als Elektrotechniker und IT-Ingenieur in der Forschungs-WG am Ende der Welt beworben hat - und genommen wurde.

Vielleicht gibt es knapp 14.000 Kilometer von Bremerhaven entfernt an Heiligabend auch wieder einen Hausmusikabend wie im vergangenen Jahr, bei dem der Klassiker "Stille Nacht, heilige Nacht" nicht fehlen durfte. Einige im Team haben sogar schon bei der Anreise Anfang des Jahres ihre Weihnachtsgeschenke mitbekommen, anderen wurden sie jetzt zugeschickt.

Auf der Forschungsstation "Neumayer III" gibt es rund zwei Monate kein Sonnenlicht und man ist acht Monate isoliert in einer Umgebung aus Schnee und Eis – mit Durchschnittstemperaturen unter minus 30 Grad.

Die Polarregionen reagieren einerseits sensibel auf klimatische Änderungen, gehören andererseits selbst zu den bestimmenden Einflussfaktoren für die Entwicklung des Weltklimas. Um diese Zusammenhänge genau aufzuschlüsseln, sammeln die Forschenden des Alfred-Wegener-Instituts unter anderem in der Antarktis seit Jahrzehnten Daten - ohne Pause. Aktuell gehe es auch um das Leben unter dem Schelfeis, berichtet Böddeker. "Um dem auf die Spur zu kommen, haben wir unter anderem Robben mit Infrarotkameras ausgestattet."

Und die schönste Zeit in der Antarktis? "Die Polarnacht", antwortet Böddeker spontan. Wenn die Sonne in der Jahresmitte für 63 Tage nicht mehr über den Horizont kommt, der Wind mit bis zu 150 Kilometern über das Eis pfeift und bis zu minus 50 Grad Celsius herrschen, gibt es nur ein kleines Überwinterungsteam auf der Station, zu dem in diesem Jahr auch Böddeker gehörte.

"Schiffe und Flugzeuge erreichen uns in der harten Polarnacht nicht mehr, aber wir sind über Satellit gut vernetzt", sagt er. Richtung Norden bringe dann die Morgendämmerung den Himmel in allen möglichen Farben zum Leuchten, immer wieder sei ein faszinierender Sternenhimmel zu sehen. "Und die Polarlichter mit Wirbeln über den ganzen Himmel - das ist wunderbar anzuschauen."