Zwischen Integrationsproblemen und David McAllister

Zwischen Integrationsproblemen und David McAllister
Erhitzte Debatte im Bundestag zu Einbürgerungsplänen der Ampel
Die von der Bundesregierung geplanten Erleichterungen bei der Einbürgerung sorgen für eine erhitzte Diskussion - und eine scharfe Wortwahl. Am Donnerstag prallten Positionen, Argumente und Fakten im Bundestag aufeinander.

Berlin (epd). „Ich finde, die Debatte hat keinen guten Ton“: Ausgerechnet Thorsten Frei (CDU), der parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, deren Vertreter in der Debatte um Erleichterungen bei der Einbürgerung von „Verramschen“ sprachen, kritisierte im Bundestag den Stil der aktuellen Diskussion. Aus den Reihen der Koalition erntete der Oppositionspolitiker dafür Gelächter, in den Reden von SPD, Grünen und FDP ohnehin Kritik. Die Union hatte für Donnerstag eine Aktuelle Stunde zu den Plänen der Bundesregierung auf die Tagesordnung setzen lassen, in der erneut erhitzt Positionen, diesmal aber auch Fakten ausgetauscht wurden.

Seit vor knapp einer Woche die Pläne von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) zu Erleichterungen bei der Einbürgerung bekannt wurden, wird über das Thema gestritten. Dabei stehen die Pläne auch im Koalitionsvertrag: Die Ampel will unter anderem die Wartezeit auf den deutschen Pass verkürzen und künftig generell erlauben, dass Eingebürgerte den Pass ihres Herkunftslandes behalten können. Nicht nur die Union kritisierte die Pläne, auch aus der FDP kam überraschend deutliche Kritik. Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) zum Beispiel wollte niemanden willkommen heißen, „der nur die Hand im Sozialsystem aufhalten möchte“.

Im Bundestag stellte die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Reem Alabali-Radovan (SPD), klar, dass die Sicherung des Lebensunterhalts bereits heute zu den Voraussetzungen für eine Einbürgerung gehört. „Einbürgern, das ist kein Gnadenakt“, betonte sie. Es sei das gute Recht von Menschen, die sich einbringen. Die Staatsministerin verwies zudem auf die in Deutschland relativ geringe Einbürgerungsquote. 2021 habe sie nur bei 2,5 Prozent gelegen. Die Quote berechnet sich aus dem Verhältnis der Einbürgerungen zur Gesamtzahl der Ausländer.

Wie andere Redner und Rednerinnen der Ampel verwies Alabali-Radovan zudem auf den Mangel an Fachkräften in Deutschland. Man müsse hart daran arbeiten, dass Fachkräfte aus dem Ausland nach Deutschland kommen wollen, sagte sie. Die Aussicht auf eine doppelte Staatsbürgerschaft könne gut qualifizierte Fachkräfte nach Deutschland ziehen, sagte der Osnabrücker Migrationsforscher Aladin El-Mafaalani dem epd.

Dass Deutschland „natürlich“ ein Einwanderungsland sei, räumte auch Frei ein. Die Union blieb aber bei ihrer Kritik an den Einbürgerungsplänen, insbesondere was die doppelte Staatsbürgerschaft angeht. Länder, die sie zuließen, hätten Integrationsprobleme, sagte Frei. Die Innenpolitikerin der Unionsfraktion, Andrea Lindholz (CSU), gab zu bedenken, dies könne dazu führen, dass Menschen Kriegsdienst für ein anderes Land leisteten. Insbesondere Staatsbürger aus autokratischen Staaten sollten sich für die alleinige deutsche Staatsbürgerschaft entscheiden.

Die Mehrstaatigkeit sei schon heute in der Mehrheit Realität, hielt der parlamentarische Staatssekretär im Bundesinnenministerium, Mahmut Özdemir (SPD), der Union entgegen. Bei 69 Prozent der Einbürgerungen würden die Betroffenen den Pass des Herkunftslandes behalten. Für EU-Bürger, aber auch Menschen aus anderen Staaten wie den USA ist das schon heute erlaubt. Vor allem Türkinnen und Türken ist es bislang in Deutschland aber nicht erlaubt, zwei Staatsbürgerschaften zu haben.

Auch die FDP verteidigte die Zulassung der doppelten Staatsbürgerschaft und führte in der Debatte den früheren CDU-Ministerpräsidenten David McAllister an, der Deutscher und Brite ist. „Ich wünsche mir ein bisschen mehr David McAllister“, sagte der innenpolitische Sprecher der FDP, Konstantin Kuhle, in Richtung der Union - wieder Gelächter. Kuhle und sein Parteikollege Stephan Thomae meldeten in der Debatte aber auch Gesprächsbedarf darüber an, über wie viele Generationen sich mehrere Staatsbürgerschaften vererben können. An der Stelle könnte es bei den Plänen von Faeser noch Detailänderungen geben.

Zudem forderte die FDP die Bundesinnenministerin auf, auch bei der im Koalitionsvertrag vereinbarten Rückführungsoffensive voranzukommen. In diesem Punkt müsse mehr passieren, damit die gesamtgesellschaftliche Akzeptanz für Migration erhalten bleibe.