TV-Tipp: "Das Licht in einem dunklen Haus"

Fernsehen auf gelbem Hintergrund
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28. November, ZDF, 20.15 Uhr
TV-Tipp: "Das Licht in einem dunklen Haus"
Es hätte der schönste Sommer aller Zeiten werden können. Verliebt in eine schöne junge Frau, dazu einen Freund fürs Leben gefunden: Alles war perfekt; bis zu jenem unglückseligen Tag, der das Dasein von sieben Menschen für immer verändern sollte. Ein Krimi-Drama, das es in sich hat.

Es hätte der schönste Sommer aller Zeiten werden können. Verliebt in eine schöne junge Frau, dazu einen Freund fürs Leben gefunden: Alles war perfekt; bis zu jenem unglückseligen Tag, der das Dasein von sieben Menschen für immer verändern sollte. Gut zweieinhalb Jahrzehnte später, als jener Sommer des Jahres 1995 nur noch eine verjährte Erinnerung ist, werden fast alle Beteiligten tot sein. 

Das Drama, das nur formal ein Krimi, in Wirklichkeit aber eine Tragödie ist, basiert auf dem gleichnamigen Roman von Jan Costin Wagner und ist der zweite Film mit Henry Hübchen als Kommissar Johannes Fischer. Der erste, "Tage des letzten Schnees" (2019), hat auf dramaturgisch reizvolle Weise zwei Geschichten verknüpft, die eigentlich nichts miteinander zu tun hatten. "Das Licht in einem dunklen Haus", erneut adaptiert von Nils-Morten Osburg und inszeniert von Lars-Gunnar Lotz, scheint nach einem ähnlichen Muster zu funktionieren.

Die Handlung beginnt mit einem Brief: Tobias Menne (Constantin von Jascheroff) erinnert sich, wie er damals den Mitschüler Linus vor älteren Pöblern beschützte; der Beginn einer wundervollen Freundschaft, die bis heute Bestand hat und dennoch nur einen Sommer währte. Als die Klasse eine neue junge Musiklehrerin bekommt, ist Tobi (Louis Guillaume) auf der Stelle über beide Ohren verliebt. Die Klavierstunden in Olivias Haus im Wald werden die schönsten Momente seines Lebens bleiben; den Rest seines Daseins wird er in Düsternis verbringen. 

Nicht die Geschichte, aber Handlungsschema und Stimmung erinnern an die Stephen-King-Verfilmung "Stand by Me – Das Geheimnis eines Sommers" (1986). Lotz und Kamerafrau Julia Daschner haben die ausführlichen Rückblenden in ein verklärendes Licht getaucht. Später wird jemand über Olivia sagen, sie habe "so was Reines, Unschuldiges, Zerbrechliches" gehabt: "Sie war Musik"; und so verkörpert Paula Kroh die Klavierlehrerin auch. Allein die dumpf dräuende musikalische Untermalung lässt erahnen, dass der Sommer eine furchtbare Wende nehmen wird. Was sich schließlich ereignet, ist in der Tat, wie es Fischers Kollegin Konstanze Satorius (Victoria Trauttmansdorff) formuliert, "das pure Grauen". Gnädig spart Lotz aus, was der junge Tobi in dem Waldhaus mitansehen muss, aber natürlich füllt die Fantasie diese optische Leerstelle, zumal die Tonspur keinerlei Zweifel am Geschehen lässt. 

All’ das kann Fischer jedoch nicht ahnen, als er 26 Jahre später vor einem Rätsel steht: Eine Wachkomapatientin ist in ihrem Krankenhausbett gestorben, weil jemand die Sauerstoffzufuhr abgestellt hat. Die Frau war als vermeintliches Opfer eines Verkehrsunfalls einige Zeit zuvor in einem Straßengraben gefunden worden. Kurz drauf wird die Arbeitszeit des Kommissars jedoch von einem ganz anderen Fall beansprucht: Ein Software-Entwickler ist von einer Dachterrasse gestürzt worden. Der Täter hat sogar seine Visitenkarte hinterlassen, doch die Spur führt ins Nichts. Ein weiterer Mord sowie ein 26 Jahre altes Foto, das die vier strahlenden Sieger eines Beachvolleyball-Turniers zeigt, lassen Fischer vermuten, dass es noch weitere Opfer geben wird: Die Hälfte des Quartetts lebt nicht mehr; irgendjemand scheint eine alte Rechnung begleichen zu wollen. 

Der poetische Titel hat mit der eigentlichen Geschichte nur am Rande zu tun, aber er erklärt, warum Fischer nicht mehr die düstere Figur aus dem ersten Film ist: Er hat ein spätes Glück gefunden. Dass Corinna Kirchhoff bereit war, diese vergleichsweise winzige Rolle zu übernehmen, ist nicht nur aller Ehren wert, sondern auch eine kleine Reminiszenz in eigener Sache: In dem Demenz-Drama "Ein Leben lang" (2022, ARD) haben sie und Hübchen ein altes Ehepaar gespielt. Marie hat zwar noch ihre eigene Wohnung, pflegt aber abends im Dunkeln auf Fischer zu warten; bis sie eines Tages ohne ein Wort verschwindet. Also lässt er fortan stets ein Licht an, um schon von Weitem zu erkennen, ob sie wieder da ist. 

Das Ensemble ist ohnehin vorzüglich zusammengestellt, zumal Lotz gerade die jungen Darsteller ausgezeichnet geführt hat. Der Regisseur hat zuletzt "Plötzlich so still" (2021) gedreht, ein sehr bewegendes und eindringlich gespieltes Krimidrama über eine junge Mutter, die sich Ersatz für ihr verstorbenes Baby besorgt. Seine früheren Filme, darunter drei fesselnde Folgen für die ZDF-Reihe "Stralsund" (2015/16) sowie ein "Polizeiruf" aus Rostock ("In Flammen", 2018) über die Suche nach dem Mörder einer rechtspopulistischen Spitzenkandidatin, waren ebenfalls sehenswert. Die Adaption eines weiteren Wagner-Romans ist bereits in Arbeit. 

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