Betroffene von "NSU 2.0"-Schreiben fordern weitere Aufklärung

Betroffene von "NSU 2.0"-Schreiben fordern weitere Aufklärung

Frankfurt a.M., Berlin (epd). Kurz vor dem erwarteten Urteil im „NSU 2.0“-Prozess in Frankfurt am Main haben Empfängerinnen der Drohschreiben weitere Aufklärung gefordert. Die Ermittlungen zu den Abrufen privater Daten der Betroffenen auf Polizeicomputern müssten mit Nachdruck fortgesetzt werden, forderten die Linken-Politikerinnen Janine Wissler, Martina Renner und Anne Helm sowie die Frankfurter Rechtsanwältin Seda Basay-Yildiz, die Berliner Kabarettistin Idil Baydar und die Berliner Autorin Hengameh Yaghoobifarah am Dienstag laut Pressestelle der Linken.

Sie erhofften von dem Urteilsspruch des Gerichts ein starkes Signal an alle Nachahmer von rechtsextremen Drohschreiben, teilten die Betroffenen mit. Ebenso erhofften sie ein Signal, dass die Drohserie mit dem Urteil nicht vollständig aufgeklärt und die hessische Polizei nicht entlastet sei. Immer noch sei die Rolle von mindestens einem Polizisten und einer Polizistin im Ersten Frankfurter Polizeirevier ungeklärt. Dort wurden am 2. August 2018 fünf Minuten lang die privaten Daten von Basay-Yildiz und Familienangehörigen auf einem Computer abgerufen. 90 Minuten später sei das erste mit „NSU 2.0“ unterschriebene Drohfax an Basay-Yildiz verschickt worden.

Die Betroffenen gingen davon aus, dass dieses erste Drohfax von einem Polizisten und nicht von dem Angeklagten Alexander M. verschickt worden sei. Es sei ein Skandal, dass die Staatsanwaltschaft sich auf den Angeklagten als Einzeltäter festgelegt und versucht habe, die Frage zur Rolle rechtsgerichteter Polizisten im Ersten Frankfurter Polizeirevier zu Beginn der Drohserie aus dem Prozess herauszuhalten.

Die Staatsanwaltschaft fordert für M. eine Haftstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten. Der arbeitslose Berliner soll unter anderem wegen Beleidigung und versuchter Nötigung sowie Störung des öffentlichen Friedens und Volksverhetzung verurteilt werden. Die Hauptverhandlung läuft seit Februar vor dem Frankfurter Oberlandesgericht, das Urteil soll am Donnerstag fallen.