Nicht gezahlte Corona-Prämien für Pflegekräfte sorgen für Empörung

Nicht gezahlte Corona-Prämien für Pflegekräfte sorgen für Empörung
Bei vielen Pflegekräften ist der Corona-Bonus nicht angekommen, hat der Bundesrechnungshof festgestellt und das Verfahren als fehleranfällig kritisiert. Gesundheitsminister Lauterbach spricht von Betrug, die Pflegebevollmächtigte fordert Aufklärung.

Berlin (epd). Nach einem Bericht über nicht gezahlte Corona-Prämien an Pflegekräfte hat Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) die Kassen zu schärferer Überprüfung aufgefordert. „Pflegekräften ihren rechtmäßigen Bonus zu verwehren, ist Betrug“, erklärte Lauterbach am Donnerstag in Berlin. Die Pflegebevollmächtigte der Bundesregierung, Claudia Moll, verlangte Aufklärung. Moll sagte dem Evangelischen Pressedienst (epd), wenn Boni nicht gezahlt worden seien, „ist das nicht zu akzeptieren und muss transparent aufgeklärt und wo nötig auch verfolgt werden“. Kritische Kommentare kamen auch vom Pflege-Berufsverband und von der FDP.

Lauterbach erklärte, mit dem Bonus habe der Gesetzgeber den Pflegekräften seinen Dank für die Arbeit während der Pandemie zum Ausdruck bringen wollen. Es sei nicht nachvollziehbar, „wenn Arbeitgeber dieses Anliegen torpedieren, indem sie keinen Antrag auf Zahlung eines Pflegebonus für ihre Beschäftigten stellen oder gar die Boni zu Unrecht selbst einstreichen“, kritisierte der Minister. Die Pflegebevollmächtigte sagte: „Wenn diese Mittel von einigen Arbeitgebern nicht beantragt - oder noch schlimmer, in die eigene Tasche gesteckt werden, dann wirft das ein düsteres Licht auf diese Arbeitgeber.“

Einem bisher unveröffentlichten Prüfbericht des Bundesrechnungshofs zufolge haben viele Pflegekräfte den 2020 versprochenen, staatlich finanzierten Corona-Bonus von bis zu 1.500 Euro offenbar nicht erhalten. Das berichteten die „Süddeutsche Zeitung“ (Donnerstag), NDR und WDR. Der ihnen vorliegende Bericht komme zu dem Ergebnis, das Verfahren zur Auszahlung der Prämien sei „fehler- und missbrauchsanfällig“ gewesen.

Zahlreiche Einrichtungen hätten dem Prüfbericht zufolge „keine Auszahlung der Bundesmittel“ beantragt. Andererseits hätten manche Firmeninhaber die staatliche Prämie nicht nur für ihre Beschäftigten, sondern „zu Unrecht“ auch für sich selbst geltend gemacht. Der Bericht der Kontrollbehörde für die Staatsfinanzen soll im November im zuständigen Haushalts- beziehungsweise Rechnungsprüfungsausschuss des Bundestags beraten und erst dann veröffentlicht werden.

Die pflegepolitische Sprecherin der FDP-Fraktion im Bundestag, Nicole Westig, nannte den Prüfbericht „alarmierend“ und forderte Lauterbach auf, schnellstmöglich einzugreifen.

Der Bundesrechnungshof befürchtet, dass sich die Unregelmäßigkeiten bei der Corona-Prämie in diesem Jahr wiederholen, da Auszahlungen von Prämien an rund 1,2 Millionen Beschäftigte in einer Gesamthöhe von rund einer Milliarde Euro für 2022 nach dem gleichen Muster erfolgen sollten wie beim ersten Corona-Bonus. Es sei zu erwarten, „dass sich damit die Anfälligkeit des bisherigen Verfahrens für Fehler und Missbrauch“ fortsetzte, zitierte die „Süddeutsche Zeitung“ aus dem Prüfbericht.

Der Caritasverband erklärte auf Anfrage, dass ihm von Problemen bei der Auszahlung des Bonus nichts bekannt sei. Verbandssprecherin Mathilde Langendorf sagte dem epd, soweit man wisse, hätten die Caritas-Träger und Einrichtungen der Altenhilfe die Zahlung vorgenommen. Die Diakonie Deutschland erklärte ebenfalls, es gebe derzeit keine Anzeichen dafür, dass der Bonus in diakonischen Einrichtungen nicht gezahlt worden sei. Man habe aber von Anfang an kritisiert, dass es sich um ein extrem bürokratisches Verfahren handele. Deshalb habe man den Einrichtungen Informationen und Hilfestellungen geliefert, erklärte eine Sprecherin.

Der Deutsche Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK) wiederholte seine Kritik an den Bonuszahlungen. Damit könne man den beruflich Pflegenden nicht helfen und keinen jahrelangen Reformstau ausgleichen, erklärte Bundesgeschäftsführerin Bernadette Klapper. Dass es kaum möglich sei, die Zahlungen gerecht zu verteilen, habe bereits zu viel Unmut unter den Pflegenden geführt. Nun komme hinzu, dass das Verfahren offenbar auch noch anfällig sei für Missbrauch und Ungenauigkeiten, kritisierte Klapper. Sie erwarte, dass der Bundesgesundheitsminister vor der nächsten Auszahlung nachbessere.