Forderungen nach mehr Entlastungen für Familien und Bedürftige

Forderungen nach mehr Entlastungen für Familien und Bedürftige
Wüst und Ramelow dringen auf Bund-Länder-Treffen
Am Sonntag hat die Ampel-Koalition ihr 65-Milliarden-Euro-Entlastungspaket vorgestellt. Nun müssen die Bundesländer mit an Bord geholt werden. Sozialverbänden gehen manche Maßnahmen nicht weit genug.

Berlin (epd). Nach der Einigung der Ampel-Koalition auf ein drittes Entlastungspaket werden Forderungen nach mehr Leistungen für Bedürftige und Familien mit Kindern laut. Der Deutsche Städtetag und der Kinderschutzbund halten die Leistungen für Familien mit Kindern für zu gering. Die Präsidentin des Sozialverbandes VdK, Verena Bentele, kritisierte am Montag den geplanten neuen Regelsatz für Hartz IV. Dass diese Summe nur auf 500 Euro angehoben werde, sei zu wenig: „Eine Erhöhung von 50 Euro sichert das Existenzminimum nicht.“ In den nächsten Wochen werde der VdK mit der Koalition darüber diskutieren und versuchen, eine Veränderung zu erwirken.

Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) forderte, schnell einen Termin für eine Ministerpräsidentenkonferenz festzulegen, um über die Umsetzung des Pakets zu beraten. „Wenn die Länder mit bezahlen sollen, müssen sie auch mit entscheiden können“, sagte er der „Rheinischen Post“ (Dienstag). Es gebe noch viele offene Fragen.

Auch Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) pochte auf eine baldige Sonder- Ministerpräsidentenkonferenz. Dem „RedaktionsNetzwerk Deutschland“ (Montag) sagte er, die Länder würden wie schon bei der Mehrwertsteuersenkung mit den Plänen der Koalition ganz stark belastet. Zudem finde sich „im Kleingedruckten ziemlich unklares Zeug“. Nach Angaben von Regierungssprecher Steffen Hebestreit wird derzeit nach einem Termin für eine Sonder-Ministerpräsidentenkonferenz gesucht. Er kündigte eine zeitnahe Entscheidung an.

Dem am Sonntag in Berlin vorgestellten Koalitionsbeschluss zufolge sollen Menschen in Deutschland wegen hoher Inflation und Energiepreise um weitere 65 Milliarden Euro entlastet werden. Vorgesehen sind Einmalzahlungen für Rentner und Studierende, mehr Kindergeld und ein Strompreisdeckel. In dem Paket enthalten ist auch das Bekenntnis zu einem bundesweiten ÖPNV-Ticket sowie die Möglichkeit, in den Strommarkt einzugreifen, um Preiswucher zu verhindern. In dem Papier des Koalitionsausschusses heißt es zudem, die Bewältigung der Krise sei eine „gesamtstaatliche Aufgabe“. Die Entlastungen würden von Bund, Ländern und Gemeinden gemeinsam getragen.

CDU-Generalsekretär Mario Czaja sagte in Berlin, es müsse Klarheit geben, zu welchem Preis es eine Energiegrundversorgung gebe. Fehlende Klarheit schaffe Unsicherheit. „Ich mache mir große Sorgen, dass das ein Wutwinter wird.“

Städtetagspräsident Markus Lewe (CDU) kritisierte wiederum die Kindergelderhöhung um 18 Euro pro Monat als zu gering, der Präsident des Deutschen Kinderschutzbundes, Heinz Hilgers, den aus seiner Sicht zu geringen Anstieg des Kinderzuschlags für einkommensschwache Familien. Das Plus lediglich um 21 Euro enttäusche ihn, sagte Hilgers dem „RedaktionsNetzwerk Deutschland“ (Montag). Denn die einkommensschwachen Haushalte gäben einen Großteil ihrer Einnahmen für Lebensmittel aus, und bei diesen liege die Inflationsrate nicht bei rund sieben Prozent, sondern doppelt so hoch.

Der Höchstbetrag des Kinderzuschlages wurde zum 1. Juli auf 229 Euro monatlich je Kind erhöht und soll den Plänen der Ampel-Koalition zufolge zum 1. Januar 2023 auf 250 Euro monatlich steigen. Der Betrag soll bis zur Einführung der von der Regierung geplanten Kindergrundsicherung gelten.

Der Deutsche Kulturrat äußerte sich derweil zufrieden über die Entscheidung von SPD, Grünen und FDP, Restmittel im Sonderfonds des Bundes für Kulturveranstaltungen für gezielte Hilfen für Kultureinrichtungen zu nutzen. Aktuell stünden von den einst 2,5 Milliarden Euro des Sonderfonds noch rund eine Milliarde Euro zur Verfügung.

Das evangelische Hilfswerk „Brot für die Welt“ würdigte, dass aus möglichen Haushaltsresten des Jahres 2022 bis zu eine Milliarde Euro für die globale Ernährungssicherung prioritär vorgesehen sind. Deutschland investiert dieses Jahr laut Entwicklungsministerium bereits Mittel in Höhe von rund vier Milliarden Euro in die Ernährungssicherheit.