Scholz: Gorbatschow war mutiger Reformer

Michail Gorbatschow
© John Kringas/Chicago Tribune via ZUMA Press/dpa
Der frühere sowjetische Staatspräsident Michail Gorbatschow am 04. März 1999.
Trauer um Michail Gorbatschow
Scholz: Gorbatschow war mutiger Reformer
Als sowjetischer Staatschef wagte er Schritte in Richtung Demokratie. Auf diesem Weg ermöglichte Michail Gorbatschow auch die deutsche Einheit. Sein Tod löste hierzulande große Betroffenheit aus.

Mit Betroffenheit und Trauer haben deutsche Politikerinnen und Politiker auf den Tod des früheren sowjetischen Staatspräsidenten Michail Gorbatschow reagiert. "Ich verneige mich vor einem großen Staatsmann", schrieb Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier am Mittwoch in einem Kondolenzschreiben an Gorbatschows Tochter Irina Wirganskaja. Gorbatschow war im Alter von 91 Jahren in Moskau gestorben.

"Deutschland bleibt ihm verbunden, in Dankbarkeit für seinen entscheidenden Beitrag zur deutschen Einheit, in Respekt für seinen Mut zur demokratischen Öffnung und zum Brückenschlag zwischen Ost und West, und in Erinnerung an seine große Vision von einem gemeinsamen und friedlichen Haus Europa", heißt es im Schreiben Steinmeiers weiter. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) würdigte Gorbatschow als mutigen Reformer und "Staatsmann, der vieles gewagt hat".

Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) schrieb bei Twitter, Gorbatschow habe sich in Schicksalsmomenten der Geschichte von Frieden und der Verständigung zwischen den Menschen leiten lassen. "Das Ende des Kalten Kriegs und die deutsche Einheit sind sein Vermächtnis", so Baerbock. CDU-Chef Friedrich Merz erklärte bei Twitter, seine Partei trauere um einen Staatsmann, "dem Deutschland vertrauen konnte und der uns vertraut hat".

Steinmeier und Scholz nahmen in ihren Kondolenzen auch Bezug zur aktuellen Situation in Russland. Wer Gorbatschow in den vergangenen Jahren erlebt habe, habe spüren können, wie sehr er daran litt, dass sein Traum vom friedlichen Europa in immer weitere Ferne rückte, schrieb Steinmeier. Heute liege der Traum in Trümmern, "zerstört durch den brutalen Angriff Russlands auf die Ukraine".

Scholz sagte, Gorbatschow sei in einer Zeit gestorben, in der nicht nur die Demokratie in Russland gescheitert sei, "sondern auch Russland und der russische Präsident Putin neue Gräben in Europa zieht und einen furchtbaren Krieg gegen ein Nachbarland, die Ukraine, begonnen hat". Später ergänzte er, er hoffe, "dass der russische Staat seinem früheren Staats- und Regierungschef die Ehre erweist, die ihm gebührt".

Wegbereiter der deutschen Einheit

Insbesondere auch in Ostdeutschland löste die Nachricht vom Tod des früheren sowjetischen Staatspräsidenten Trauer aus. Gorbatschow sei der Wegbereiter der deutschen Einheit gewesen, hieß es aus den Staats- und Senatskanzleien in Potsdam, Dresden, Schwerin und Berlin. "Gerade wir Ostdeutschen haben Gorbatschow unendlich viel zu verdanken", sagte Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD). Er habe den Menschen in der DDR im historischen Herbst 1989 Mut gemacht, ihr Land neu zu denken und zu gestalten.

Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) würdigte Gorbatschow als bemerkenswert mutigen Staatsmann. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) bezeichnete den früheren sowjetischen Staatschef als "Mann des Friedens". "Wir trauern um einen großen und mutigen Staatsmann, der die Welt besser gemacht hat", erklärte Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD).

Der 1931 geborene Gorbatschow wurde 1971 Mitglied des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei der Sowjetunion (KPdSU), 1985 Generalsekretär der Partei. Seine Politik von "Glasnost" (Offenheit) und "Perestroika" (Umbau) gilt heute als wesentliche Voraussetzung für den friedlichen Fall des Eisernen Vorhangs. Durch seine Zustimmung ermöglichte Gorbatschow die deutsche Einheit. 1990 bekam er für sein Wirken den Friedensnobelpreis.