Verkehrsexperte: Nachfolge-Regelung für 9-Euro-Ticket wird kommen

Verkehrsexperte: Nachfolge-Regelung für 9-Euro-Ticket wird kommen
28.08.2022
epd
epd-Gespräch: Karsten Packeiser

Trier, Lübeck (epd). Der Verkehrsplaner Heiner Monheim rechnet fest mit einer Nachfolgeregelung für das Ende August auslaufende 9-Euro-Ticket. „Einen Weg zurück wird es mit Sicherheit nicht mehr geben“, sagte der emeritierte Professor für Angewandte Geographie, Raumentwicklung und Landesplanung an der Universität Trier im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Vermutlich werde es auch in der Bundesrepublik künftig ein Modell geben, das sich am österreichischen Klimaticket orientiere.

In dem Nachbarland ist ein Netzticket erhältlich, das für 1.095 Euro ein Jahr lang die Nutzung des gesamten österreichischen Personennahverkehrs sowie aller Fernzüge erlaubt. Daneben gibt es regionale Tickets für 365 Euro pro Jahr. „Beides sind sehr erfolgreiche Ansätze“, sagte der Verkehrsforscher.

Das 9-Euro-Ticket wertet Monheim als eine, wenn auch kurze „Revolution“, die in Deutschland endlich eine echte Debatte über eine Verkehrswende angeschoben habe. Wichtigster Grund für den Erfolg des Angebots sei das bundesweit einheitliche Tarifsystem gewesen. Kritik, dass die billige Netzkarte insbesondere durch Ausflugsverkehr zu vielerorts überfüllten Zügen geführt habe, weist er mit Blick auf die regelmäßigen Staus in Urlaubsgebieten zurück: „Mit dem Argument könnte man sofort die Autobahnen dichtmachen.“

Damit die Verkehrswende in Deutschland zu einem Erfolg werde, müsse insbesondere die Bahn andere Schwerpunkte setzen. In der Fläche gebe es ein „total marodes Schienennetz“, während ein Großteil der verfügbaren Mittel in wenige, teure Großprojekte investiert werde. Zudem müssten Ministerien und andere Verkehrsbehörden mehr Planer für den Schienenverkehr vorhalten und dazu auch bislang für den Straßenverkehr zuständige Fachkräfte umgeschult werden: „Es ist überall noch Autoland, und niemand setzt da den Hobel an.“

Der Verkehrswissenschaftler Heiner Monheim setzt sich seit Jahrzehnten für innovative Verkehrssysteme ein. Als Referatsleiter im nordrhein-westfälischen Verkehrsministerium hatte er unter anderem den Start der ersten Semestertickets angeschoben. Auch nach seiner Emeritierung berät der Forscher, der inzwischen überwiegend in Schleswig-Holstein lebt, weiter Kommunen und Unternehmen bei Verkehrsprojekten.