Kontroverse Debatte um Entlastungen

Kontroverse Debatte um Entlastungen
Um Preissteigerungen und Energiekrise für die Menschen erträglich zu machen, plant die Regierung ein weiteres Entlastungspaket. Wer davon profitiert, ist noch nicht erkennbar. Die Ministerpräsidenten Weil und Wüst dringen auf Leistungen für Rentner.

Frankfurt a.M. (epd). Die Ampel-Koalition sucht weiter nach Wegen, um die Menschen angesichts von Energiekrise und Inflation finanziell stärker zu entlasten. Der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) sprach sich dafür aus, im sogenannten dritten Entlastungspaket gezielt Menschen mit geringen Einkommen in den Blick zu nehmen, insbesondere Menschen im Ruhestand. Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) dringt auf Leistungen für Rentner und Studierende.

Weil sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Samstag): „Die bisherigen Entlastungen mit dem sehr beachtlichen Volumen von 30 Milliarden Euro helfen bestimmten Gruppen gut, etwa Familien mit Kindern“. Aber bei Geringverdienern sei die Wirkung unterdurchschnittlich. „Das kann nicht so bleiben“, sagte er rund anderthalb Monate vor der Landtagswahl am 9. Oktober in Niedersachsen. Es brauche „dringend erneute Einmalzahlungen für Geringverdienende, insbesondere für Rentnerinnen und Rentner“.

Wüst kritisierte in der „Bild am Sonntag“, Rentner und Studenten seien bei den Entlastungen bislang vergessen worden. „Die Antwort des Staates auf die Situation der Rentner kann nicht die Tafel sein. Das wäre zynisch“, sagte der CDU-Politiker. Die bislang beschlossenen Entlastungspakete hätten eine deutliche Schieflage bei der Behandlung von Nichterwerbstätigen wie etwa Menschen im Ruhestand, sagte Wüst und nannte es „kaum vermittelbar, dass Rentnerinnen und Rentner von der Zahlung des Energiegeldes ausgeschlossen sind“.

Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) nannte Wüsts Äußerung zu den Tafeln eine Polemik. Diese weise er zurück, denn die Ampel-Koalition habe von der Union einen nicht nachhaltig finanzierten Sozialstaat übernommen. „Deshalb sind solche Bemerkungen von der Seitenlinie doch durchaus etwas wohlfeil“, sagte Lindner am Sonntag im „Bericht aus Berlin“ der ARD.

Dass Rentnerinnen und Rentner die Energiepauschale nicht erhalten sollen, sei eine Entscheidung von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) gewesen. Die Regierung müsse sich auf Menschen konzentrieren, „die wirklich Probleme haben“. „Das können auch Rentnerinnen und Rentner sein“, sagte Lindner: „Es können aber auch Menschen sein, die ein geringes Einkommen haben.“

SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert sagte dem Nachrichtenportal „t-online“, auch Normalverdiener mit einem Brutto-Jahreseinkommen von 49.000 Euro könnten mit weiteren Entlastungen rechnen. Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch sagte der Düsseldorfer „Rheinischen Post“ (Montag), Rentner und Studierende seien bei den Entlastungen „bislang fahrlässig vergessen“ worden. Er sprach sich für ein Wintergeld für alle privaten Haushalte aus. „1.500 Euro und 600 Euro für jedes weitere Haushaltsmitglied. Auch für Rentner und Studierende, die in aller Regel nicht auf Rosen gebettet sind“, sagte Bartsch.

Der Linken-Vorsitzende Martin Schirdewan forderte in der „taz“ (Montag) einen Gaspreisdeckel. „Stattdessen werden Krisenprofiteure und Kriegsgewinnler gehätschelt, denen die Regierung eine Übergewinnsteuer, wie es sie in etlichen anderen europäischen Ländern gibt, nicht zumuten will“, sagte der Linken-Chef und warnte: „Die gerechte Verteilung der Krisenlasten ist eine ganz zentrale Frage, sonst droht der soziale Zusammenhalt in der Gesellschaft weiter zu erodieren.“

Die Bundesregierung plant derzeit ein drittes Entlastungspaket, das in Kürze vorgestellt werden soll. In einem ersten Schritt waren die EEG-Umlage abgeschafft, ein Heizkostenzuschuss für Wohngeldempfänger und Steuererleichterungen beschlossen worden. Zu den Entlastungsmaßnahmen im zweiten Schritt zählen das 9-Euro-Ticket für den Nahverkehr, das Ende August ausläuft, der Tankrabatt, die Energiepauschale von 300 Euro für einkommenspflichtige Erwerbstätige, eine Einmalzahlung pro Kind von 100 Euro und in Höhe von 200 Euro für Empfängerinnen und Empfänger von Sozialleistungen.