Wohnungslose fordern einklagbares Recht auf eine Wohnung

Wohnungslose fordern einklagbares Recht auf eine Wohnung
18.08.2022
epd
epd-Gespräch: Von Martina Schwager

Freistatt (epd). Wohnungslose aus ganz Deutschland und ihre Unterstützer fordern ein gesetzlich festgeschriebenes Recht auf eine Wohnung. Alle Kommunen sollten verpflichtet werden, obdachlos gewordenen Menschen eine Wohnung zur Verfügung zu stellen, sagte Frank Kruse als Sprecher der 2019 gegründeten bundesweiten Selbstvertretung wohnungsloser Menschen dem Evangelischen Pressedienst (epd). Dadurch würden Wohnungslose in die Lage versetzt, eine Wohnung einzuklagen und sich selbst aus ihrer Notlage zu befreien.

Kruse ist Leiter der Wohnungslosenhilfe Freistatt. Die Einrichtung im Landkreis Diepholz ist als Teil des diakonischen Unternehmens Bethel im Norden Gastgeber des bundesweiten Wohnungslosentreffens, das seit 2016 jährlich veranstaltet wird. Rund 60 Wohnungslose treffen sich bis Freitagabend zu Vorträgen, Workshops und Diskussionsrunden und formulieren Forderungen.

Derzeit müssten Kommunen in Deutschland wohnungslos gewordenen Menschen lediglich eine Unterkunft zur Verfügung stellen, die ein Mindestmaß an menschenwürdiger Unterbringung gewährleiste, erläuterte Kruse. „Das kann auch eine Gemeinschafts- oder eine Nachtunterkunft sein. Und ein Obdachloser muss das widerspruchslos hinnehmen.“ Die Chance, ohne Hilfe auf dem freien Wohnungsmarkt eine neue Wohnung zu finden, gehe gegen Null - zumal die Betroffenen häufig Mietschulden oder Schufa-Einträge hätten. „Das ist ein Drama.“

Die Kommunen sollten eigene Wohnbestände für Wohnungslose aufbauen, verlangten die Betroffenen. Zusätzlich sollte den Kommunen per Gesetz das Recht zugesprochen werden, Wohnungen, die länger als ein Jahr unvermietet sind, zu beschlagnahmen, um sie Menschen ohne Wohnung zur Verfügung zu stellen. Obdachlose sollten jede leer stehende Wohnung beziehen dürfen, egal, wie hoch die Miete ist. Die Kommunen müssten sich darauf einstellen, dass sie auch für die Energiekosten aufkommen müssten.

Die Wohnungslosen forderten zudem ein Recht auf digitale Teilhabe und auf gesundheitliche Versorgung, sagte Kruse. Sie sollten das Recht erhalten, einen Mobilfunkvertrag abzuschließen. Die Corona-Pandemie habe die Digitalisierung beschleunigt, Termine bei Behörden oder Ärzten seien vielfach nur noch digital zu buchen.