Scholz: "Wir haben ernste Zeiten"

Scholz: "Wir haben ernste Zeiten"
Zum ersten Mal ist bei der Sommerpressekonferenz in der Hauptstadt Kanzler Scholz zu Gast. Er spricht von "ernsten Zeiten" und sagt, welche Bevölkerungsgruppe seine besondere Aufmerksamkeit hat.

Berlin (epd). Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) schwört die Menschen in Deutschland angesichts gestiegener Preise auf einen schwierigen Winter ein. „Wir haben ernste Zeiten“, sagte er am Donnerstag bei seiner Sommerpressekonferenz in Berlin und fügte hinzu, „ernste Zeiten, die uns auch noch viel abverlangen werden, was diesen Winter und das nächste Jahr betrifft“. Der Kanzler versprach weitere Entlastungsmaßnahmen, wobei er erneut den britischen Fußballsong „You'll never walk alone“ zitierte. Scholz versicherte: „Die Bürgerinnen und Bürger können sich darauf verlassen, dass wir sie nicht alleine lassen werden.“

Der Kanzler wies auf bereits beschlossene Maßnahmen der Regierung hin. Er betonte, dass zwei Entlastungspakete als Reaktion auf drastische Preissteigerungen in nahezu allen Lebensbereichen geschnürt worden seien - im Umfang von insgesamt 30 Milliarden Euro. Die Pakete enthalten etwa Hilfen für Sozialleistungsempfänger, ein Kinderbonus, Heizkostenzuschüsse, der Tankrabatt, die vorzeitige Abschaffung der EEG-Umlage und das 9-Euro-Ticket für den öffentlichen Nahverkehr.

Ein weiteres, „sehr effizientes“ Paket werde hinzukommen, kündigte Scholz an. Eine konkrete Summe für die weiteren Entlastungen nannte er nicht, aber er bezog sich auf Wohngeld, Bürgergeld, Leistungen für Studierende und Rentner sowie Menschen, die wenig verdienen und von Steuerentlastungen wenig profitieren. Die benötigten Summen würden zusammengerechnet und dann zeige sich, ob der Bund sich das leisten könne, sagte Scholz: „Ich meine, dass wir das können.“

Mit Blick auf diejenigen, die jeden Tag berufstätig seien und manchmal sehr wenig Geld verdienten, sprach er über Respekt: „Respekt ist für mich das, was in unserer Gesellschaft leider zu viel abhandengekommen ist und was aber wichtig ist für den Zusammenhalt unserer Gesellschaft.“ Ihm gehe es vor allem um Entlastungen für diese Menschen, betonte Scholz, um Mindestlohnempfänger oder um Familien, die keine Rücklagen haben und sich Sorgen machen, wie sie mit Bruttoeinkommen von 2.000 bis 3.000 Euro durch die nächste Zeit kommen sollen.

„Das wird auch meine Tätigkeit als sozialdemokratischer Kanzler bestimmen“, sagte Scholz, verwies aber zugleich darauf, dass die Koalition ein „Gesamtpakt“ schnüren werde. Dazu gehörten auch die von Finanzminister Christian Lindner (FDP) vorgeschlagenen Steuerentlastungen, die von der Opposition und Sozialverbänden als sozial ungerecht kritisiert werden. Dass es angesichts steigender Preise Unruhen in Deutschland geben könnte, glaubt der Kanzler nicht. Er sei zuversichtlich und sicher, „dass wir uns unterhaken“ werden.

Auf Vorschlag von Scholz war im Juli eine „konzertierte Aktion“ gestartet worden, Beratungen von Regierung, Gewerkschaften und Wirtschaftsverbänden darüber, wie mit dem Preisdruck umgegangen werden kann. Eine zweite Sitzung ist für September geplant. Der Kanzler sagte, dass er die Gespräche in der bisherigen Konstellation fortsetzen wolle. Denn dies bedeute „das Anknüpfen an eine der wichtigsten Kraftquellen des Landes“, nämlich an die Sozialpartnerschaft. Er erteilte damit den Sozialverbänden eine Absage. Zuletzt hatte der Paritätische Wohlfahrtsverband gefordert, die Verbände zu beteiligen und dies damit begründet, dass sie Menschen in prekären Lebenslagen vertreten. Zuvor hatte bereits der Sozialverband Deutschland einen Sozialgipfel gefordert.

Es war die erste Sommer-Pressekonferenz mit Kanzler Scholz im Haus der Bundespressekonferenz (BPK). Der Regierungschef setzte damit eine Tradition seiner Vorgängerin Angela Merkel (CDU) fort, die jedes Jahr im Sommer im Saal mit der berühmten blauen Wand zu Gast war, um Hauptstadtjournalisten Rede und Antwort zu stehen. BPK-Vorstandsmitglied Tim Szent-Iványi sagte: „Olaf Scholz ist als Kanzler das erste Mal bei uns, aber er ist wirklich nicht das erste Mal in der Bundespressekonferenz.“ Er sei 33-mal in dem Haus am Spreeufer gewesen: 23-mal als Finanzminister, sechsmal als Arbeits- und Sozialminister, einmal als Generalsekretär, zweimal als kommissarischer SPD-Chef und einmal als Hamburger Bürgermeister.