Im Alleinsein dem Sinn des Lebens auf die Spur kommen

Im Alleinsein dem Sinn des Lebens auf die Spur kommen
10.08.2022
epd
epd-Gespräch: Martina Schwager

Bersenbrück (epd). Für die Eremitin Maria Anna Leenen sind Alleinsein und Einsamkeit das höchste Glück. Im Gebet und in der Meditation, beim Lesen in der Bibel und geistlichen Texten komme sie sich selbst, Gott und dem Sinn des Lebens auf die Spur, sagte Leenen im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Die 64-Jährige lebt in einem abgeschiedenen alten Bauernhaus im Osnabrücker Land. Dort sei sie beständig konfrontiert mit sich selbst. „Es ist nicht immer leicht. Aber es ist das Schönste, was ich mir vorstellen kann.“

Alleinsein bedeute jedoch nicht Kontaktlosigkeit, sagte Leenen. Sie gehe einkaufen, habe Freunde, führe oft Beratungsgespräche. Vor allem zu Zeiten des Corona-Lockdowns hätten viele verzweifelte Menschen sie um Rat gefragt. Große Partys, Theater, Kino, Shopping-Events oder Grillabende gibt es bei ihr aber nicht. Wenn sie mit Menschen rede, gehe es immer um existentielle Fragen.

Wie sie in Abgeschiedenheit und Einsamkeit lebt, darüber hat die Diözesan-Eremitin des Bistums Osnabrück ein Buch geschrieben, das Ende August erscheinen wird. Unter dem Titel „Allein sein“ beschreibt sie in Form eines Tagebuches, was ihren Alltag bestimmt: Beten, meditieren, lesen, Bücher schreiben, in Haus und Garten arbeiten, sich um die Tiere kümmern. Leenen hadert nie mit ihrer Lebensweise, betonte sie im Gespräch. Natürlich habe sie manchmal schlechte Laune: „Aber das, was andere Menschen unter Einsamkeit verstehen, das habe ich nicht.“

Im Angesicht von Krisen - persönlichen wie politischen - sitze sie durchaus manchmal weinend in ihrer Kapelle. „Letztlich muss ich mich dann aber immer daran erinnern, dass Gott kein Wunscherfüllungs-Automat ist.“ Sie sei aber „zutiefst überzeugt, dass er mit dieser Welt, die er geschaffen hat, etwas Positives will“.

Menschen, die unter Einsamkeit leiden, empfiehlt die gläubige Katholikin, „sich den Urgrund ihrer Einsamkeit bewusst zu machen, sich diese Gedanken aufzuschreiben, auf den Küchentisch oder neben das Bett zu legen“. Sie sollten lernen, sich selbst als Geschenk Gottes zu betrachten. „Als schmerzlich empfundene Einsamkeit hängt oft mit einem defizitären Selbstbild zusammen. Es ist das Gefühl, nicht geliebt oder überhaupt wahrgenommen zu werden.“