Regierung nach Kellermayr-Tod: Wir werden uns gegen den Hass stemmen

Regierung nach Kellermayr-Tod: Wir werden uns gegen den Hass stemmen
Der Suizid der österreichischen Ärztin Kellermayr nach massiven Angriffen im Internet beunruhigt auch die Bundesregierung. Die SPD-Vorsitzende Esken fordert Solidarität mit Opfern digitaler Hetze, die Grünen eine bessere Ausstattung der Ermittler.

Berlin (epd). Die Bundesregierung hat sich bestürzt über den Suizid der österreichischen Ärztin Lisa-Maria Kellermayr gezeigt. Der stellvertretende Regierungssprecher Wolfgang Büchner sagte am Mittwoch in Berlin, es sei Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und der gesamten Regierung ein besonderes Anliegen, „dass wir uns gemeinsam mit unseren österreichischen Freunden gegen den Hass stemmen, auch über Landesgrenzen hinweg“. Die SPD-Vorsitzende Saskia Esken forderte, Opfern von psychischer Gewalt beizustehen. Die Grünen verlangten eine bessere Ausstattung der Ermittlungsbehörden gegen Hasskampagnen im Internet.

Kellermayr war wegen ihres Engagements gegen die Corona-Pandemie im Internet zum Hass-Objekt von Impfgegnern geworden. Am vergangenen Freitag war die 36-Jährige tot in ihrer Praxis aufgefunden worden. Medien liegen Abschiedsbriefe vor. Am Montagabend gedachten in Wien Tausende Menschen der Medizinerin.

Büchner sagte, Drohungen, Gewalt und Hetze seien auf das Schärfste zu verurteilen, insbesondere wenn sie sich gegen medizinisches Personal richteten. Bei der Ermittlung der Umstände von Kellermayrs Tod arbeiteten die deutschen Behörden mit den Österreichern zusammen. Morddrohungen und Hetze wie der digitale Hass blieben viel zu häufig straflos, betonte Büchner. Zur Anzeige gebrachte Vorfälle müssten ernst genommen und strafbares Verhalten konsequent verfolgt werden. „Hemmungslose digitale Gewalt werden wir mit all unseren rechtsstaatlichen Mitteln und der Härte des Gesetzes bekämpfen“, sagte Büchner.

Die SPD-Vorsitzende Esken rief alle Bürgerinnen und Bürger auf, Opfern von psychischer Gewalt beizustehen. „Diese mutige Frau hat sich letztlich so in die Enge gedrängt gefühlt, dass ein Suizid ihr als einziger Ausweg erschien“, sagte Esken dem „RedaktionsNetzwerk Deutschland“ (Mittwoch) zum Tod von Kellermayr. Insbesondere Frauen seien in der digitalen Welt oft einer solchen psychischen Gewalt ausgesetzt, wie sie auch die Medizinerin erlebt habe, erklärte Esken. Betroffene dürften nicht alleingelassen werden: „Als Gesellschaft müssen wir sichtbar zusammenstehen, wenn Menschen eingeschüchtert und Drohungen ausgesprochen werden, ob vor Ort oder im Internet.“

Der stellvertretende Vorsitzende der grünen Bundestagsfraktion, Konstantin von Notz, verlangte eine bessere Ausstattung für Internet-Ermittler. „Behörden müssen die digital verbreitete Hetze ernst nehmen und mit den Ressourcen ausgestattet werden, um diese Taten effektiv zu verfolgen“, sagte von Notz der „Rheinischen Post“ (Mittwoch) in Düsseldorf.

Extremisten nutzten Hass und Hetze zunehmend als Strategie, um ein „Klima von Angst und Gewalt“ zu schüren und ihnen unliebsame Stimmen zum Schweigen zu bringen, sagte der Grünen-Politiker. „Dort, wo Akteure Desinformation gezielt zur gesellschaftlichen Spaltung nutzen, müssen auch Bundesbehörden mit dem Ziel ermitteln, diese Strukturen aufzudecken und trockenzulegen“, forderte der Bundestagsabgeordnete. In dieser Frage müsse sich die Wehrhaftigkeit der Demokratie beweisen.