"Brot für die Welt" fordert gerechtere Verteilung des Weizens

"Brot für die Welt" fordert gerechtere Verteilung des Weizens
Klimakrise, Corona, Inflation und Kriege führen zu immer mehr Hungersnöten. "Brot für die Welt" fordert reiche Staaten auf, deutlich mehr Geld in die Nothilfe zu stecken. Angeprangert wird auch die Art, wie Weizen weltweit verteilt wird.

Berlin (epd). Zur Bekämpfung von Hungersnöten fordert das evangelische Hilfswerk „Brot für die Welt“ eine gerechtere Verteilung des Weizens weltweit. Die Präsidentin Dagmar Pruin sagte am Mittwoch in Berlin, nötig sei eine europäische Landwirtschaft, die nicht auf Massentierhaltung und unfaire Agrarexporte setze. „Wir haben keine Mengenkrise“, betonte sie. „Wir haben eine Verteilungskrise, wir haben eine Gerechtigkeitskrise, wir haben eine Schuldenkrise, wir haben eine Krise der Inflation.“ Allein in Deutschland landeten 60 Prozent des angebauten Weizens als Tierfutter im Trog.

Der russische Präsident Wladimir Putin „nutzt Weizen als Kriegswaffe. Das stimmt“, fügte Pruin hinzu. Doch wenn man bei diesem Bild bleibe, müsse man auch dafür sorgen, „dass diese Waffe stumpf wird“. Dafür müsse mehr Weizen auf den Markt kommen. „Und das ist möglich.“ Der Agrarexperte des Hilfswerks, Francisco Mari, kritisierte zugleich Versuche der „Agrarlobby“, die Hungerkrise zu nutzen, um stillgelegte ökologische Flächen wieder bebauen zu können. Schon jetzt gäbe es genügend Fläche für Weizen, wenn weniger verfüttert oder für Biokraftstoff verwendet würde.

Um den weltweiten Hunger kurzfristig zu lindern, müssen laut Pruin die reichen Industrieländer deutlich mehr leisten als bislang. Dem Welternährungsprogramm zufolge sind aktuell 345 Millionen Männer, Frauen und Kinder weltweit akut von Nahrungsmittelknappheit bedroht. „Um zu verhindern, dass Millionen Menschen verhungern, muss zunächst die Nothilfe schnell und massiv erhöht werden.“ Die beim G7-Gipfel von den wichtigsten demokratischen Industrieländern zugesagten zusätzlichen rund 4,3 Milliarden Euro hält die Präsidentin des Hilfswerks nicht für ausreichend. Das seien gerade einmal 20 Prozent der Mittel, die benötigt würden, um die aktuelle Krise zu bekämpfen.

Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine sei nicht Auslöser der Hungerkrise, habe sie aber verschärft, betonte sie. Weltweit hätten bereits 2021 mehr als 800 Millionen Menschen gehungert, 150 Millionen mehr als vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie. Der Krieg sei aber ein weiterer Inflationstreiber. Und in armen Ländern seien die stark steigenden Preise für Lebensmittel, Dünger, Diesel und Strom zum Teil lebensbedrohlich. Das von Deutschland initiierte Bündnis für globale Ernährungssicherheit, über das Informationen über die Bedarfe ausgetauscht und die Versorgung von Hungernden rund um den Globus koordiniert werden soll, zeigt nach Ansicht des Hilfswerks bislang noch nicht die erhoffte Wirkung.

Zu den größten Hungertreibern gehöre - neben bewaffneten Konflikten und den Folgen der Pandemie - die Klimakrise, fügte Pruin hinzu. Immer länger andauernde Dürren sowie Überschwemmungen führten dazu, dass Ernten ganz oder teilweise verloren gingen und das Vieh verende. Pruin forderte die Bundesregierung auf, acht Milliarden Euro jährlich für die sogenannte Klimaanpassung in den Ländern des globalen Südens einzuplanen. Dabei geht es etwa um Vorsorgemaßnahmen gegen Auswirkungen der Erderwärmung. Deutschland hat versprochen, statt bislang vier Milliarden Euro künftig sechs Milliarden Euro pro Jahr für Anpassung und Klimaschutz in armen Ländern bereitzustellen. Auch der Entwicklungsetat müsse aufgestockt werden.

„Brot für die Welt“ leistete im vergangenen Jahr laut aktuellem Jahresbericht Entwicklungsarbeit mit mehr als 1.800 Projekten in fast 90 Ländern - vorwiegend in Afrika und Asien. Das Hilfswerk erhielt 63,6 Millionen Euro aus Spenden und Kollekten. 2020 waren es mit 76,8 Millionen Euro deutlich mehr, was den Angaben zufolge auch mit dem Jubiläumsjahr 2019 zum 60-jährigen Bestehen des Hilfswerks zusammenhing. „Brot für die Welt“ wird auch über kirchliche und Bundesmittel finanziert. Insgesamt standen 2021 rund 312 Millionen Euro zur Verfügung - mehr als 90 Prozent davon flossen in die Hilfsprojekte.