Internationale Kritik nach Hinrichtungen in Myanmar

Internationale Kritik nach Hinrichtungen in Myanmar
Erstmals seit Jahrzehnten sind in Myanmar wieder Todesurteile vollstreckt worden. Die Familien der Ermordeten erfuhren davon aus den Medien. Die Bundesregierung und die UN verurteilten die Hinrichtungen.

Frankfurt a.M., Yangon (epd). Die ersten Hinrichtungen seit Jahrzehnten in Myanmar haben international für Kritik gesorgt. Die Bundesregierung verurteilte am Montag die Vollstreckung der Todesurteile gegen vier Dissidenten auf das Schärfste. Die Militärjunta habe damit einen „neuen traurigen Tiefpunkt ihrer Gewaltherrschaft“ erreicht und zeige ihre „vollkommene Verachtung für die Menschenrechte“, sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes in Berlin. Auch die Vereinten Nationen und Menschenrechtsorganisationen äußerten sich entsetzt. Trotz weltweiter Proteste ließ die Militärjunta in Myanmar laut der staatlichen Zeitung „Global New Light of Myanmar“ erstmals wieder Todesurteile vollstrecken.

Die Bundesregierung rief die Machthaber dazu auf, von weiteren Hinrichtungen abzusehen und die Gewalt gegen das eigene Volk unverzüglich zu beenden. Auf europäischer Ebene werde darüber gesprochen, welche weiteren Reaktionen jetzt richtig seien, sagte der Sprecher des Auswärtigen Amtes. Auch UN-Vertreter zeigten sich erschüttert. „Diese abscheulichen Taten müssen einen Wendepunkt innerhalb der Weltgemeinschaft herbeiführen“, erklärte der Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen für Menschenrechte in Myanmar, Tom Andrews, auf Twitter.

Zu den Hingerichteten gehören der frühere Parlamentsabgeordnete und Hip-Hop-Künstler Phyo Zeya Thaw (41) sowie der prominente Demokratieaktivist Kyaw Min Yu (53), bekannt unter dem Namen „Ko Jimmy“. Das Militärregime hatte ihnen Terrorismus und Konspiration mit oppositionellen Milizen vorgeworfen. Die Gerichtsverfahren hatten unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattgefunden.

Phyo Zeya Thaw war einst Parlamentarier der Partei „Nationale Liga für Demokratie“ unter Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi, deren zivile Regierung am 1. Februar vergangenen Jahres gestürzt worden war. Kyaw Min Yu alias "Ko Jimmy” gehörte zu den Köpfen der Studentenproteste 1988 gegen die damalige Militärjunta.

Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch sprach von einem „Akt äußerster Grausamkeit“, der dadurch verschlimmert worden sei, dass die Familien der Ermordeten erst durch Medienberichte von den Exekutionen erfahren hätten. Der für die Region zuständige Direktor von Amnesty International, Erwin van der Borght, bezeichnete die Hinrichtungen als willkürliche Tötungen. Sie seien ein weiteres Beispiel für die grausame Menschenrechtsbilanz Myanmars.

Medienberichten zufolge haben die Militärgerichte in dem südostasiatischen Land seit dem Putsch 2021 bis Anfang Juni mindestens 113 Todesurteile ausgesprochen, auch gegen Minderjährige. Seit 1988 wurde in Myanmar offiziell niemand mehr unter den Bestimmungen des betreffenden Gesetzes hingerichtet, die Todesstrafe jedoch beibehalten. Die Junta hatte die Hinrichtungen von Phyo Zeya Thaw und Kyaw Min Yu im Juni angekündigt, aber zunächst kein Datum genannt.

Seit dem Militärputsch gehen die Machthaber in Myanmar zunehmend brutal gegen Oppositionelle und Protestierende vor. Laut der Gefangenen-Hilfsorganisation AAPP wurden seit dem Putsch mehr als 14.800 Personen verhaftet. Die meisten sitzen bis heute hinter Gittern. Zudem wurden bislang mindestens 2.114 Menschen bei Protesten gegen das Militärregime getötet.

Die gestürzte De-Facto-Regierungschefin Aung San Suu Kyi war Ende Juni vom Hausarrest in ein Gefängnis in der Hauptstadt Naypyidaw verlegt worden. Die 77-Jährige befindet sich laut Medienberichten in Einzelhaft. Bislang wurde sie in mehreren Verfahren zu elf Jahren Haft verurteilt. Insgesamt laufen mindestens 17 Klagen gegen Suu Kyi. Bei Höchststrafen drohen ihr bis zu 200 Jahre Haft.