Nothelferinnen in Spitälern und Krisengebieten

DRK Schwester Nadine Schwarz begrüßt einen Patienten im Krankenhausbett
© epd-bild: Hardy Mueller
DRK Schwester Nadine Schwarz misst den Puls bei einem Patienten am Krankenhausbett. Die 39-Jährige ist eine von 250 Aktiven der DRK Schwesternschaft in Rheinpfalz-Saar.
DRK Schwesternschaft wird 150
Nothelferinnen in Spitälern und Krisengebieten
Sie gehören zu den einzigen überkonfessionellen Schwesternschaften überhaupt: Die DRK-Schwestern aus der Pfalz und dem Saarland helfen in Kliniken und Pflegeheimen, bei Katastrophen wie im Ahrtal und in Kriegs- und Krisenregionen.

Nadine Schwarz ist noch immer Feuer und Flamme für ihre Mitschwestern. "Wir sind wie eine große Familie", sprudelt die Krankenschwester, die seit 21 Jahren im DRK-Krankenhaus im rheinhessischen Alzey arbeitet. Die 39-Jährige ist eine von rund 250 Aktiven der DRK Schwesternschaft Rheinpfalz-Saar mit Sitz in Neustadt an der Weinstraße. Die Schwestern feiern in diesem Jahr ihr 150. Jubiläum: Der überkonfessionelle Verein mit mehr als 500 Mitgliedern entstand Mitte des 19. Jahrhunderts etwa zur gleichen Zeit wie viele evangelische und katholische Schwesternschaften, darunter die Diakonissen Speyer.

Die 1872 gegründete Gemeinschaft der Rotkreuzschwestern für die Region hat  nichts von ihrer Vitalität verloren. Die Frauen sind heute in vielen Krankenhäusern, Pflege- und Alteneinrichtungen in Rheinland-Pfalz in der Pfalz, Westpfalz, Rheinhessen, im Westerwald sowie im Saarland im Dienst. Und sie sind Nothelferinnen bei Katastrophen wie bei der Flut im Ahrtal vor einem Jahr. Auch melden sich Rotkreuzschwestern oft freiwillig für ihren nicht ungefährlichen Einsatz in Kriegs- und Krisengebieten, etwa der Ukraine und im Südsudan, berichtet die Neustadter Oberin Heike Diana Wagner.

21.000 DRK-Schwestern in Deutschland

Insgesamt 21.000 Schwestern, die oft auch verheiratet sind und Familien haben, organisieren sich heute in einer der 31 DRK Schwesternschaften in Deutschland. Diese sind nach eigenen Angaben die einzigen überkonfessionellen Schwesternschaften überhaupt - und ein starkes Netzwerk der gegenseitigen Hilfe. Dort erfahren sie Gemeinschaft, Geborgenheit und auch berufliche Sicherheit. Die Schwesternschaften organisieren für ihre Mitglieder nicht nur Fort- und Weiterbildungen, zählt Nadine Schwarz auf. Die verheiratete Mutter von zwei Kindern arbeitet in der Notaufnahme und wurde gleich zu Beginn ihrer Ausbildung in Alzey zur Mitschwester.

Die Schwesternschaften sorgen sich auch für das finanzielle Auskommen der Frauen, zahlen in eine Pensionskasse ein und kümmern sich um Schwestern im Ruhestand. Die Neustadter Schwesternschaft entstand als eine regionale pfälzische Zweigstelle des Bayerischen Frauenvereins. In den 1860er-Jahren wurde in Karlsruhe auf Betreiben der Großherzogin Luise von Baden die erste Rotkreuzgesellschaft der Welt gegründet.

Pflege als Berufung

Einmal Schwester - immer Schwester: Für Brigitte Frank war es keine Frage, dass sie auch nach ihrem Ausscheiden aus dem aktiven Dienst sich weiter in der Schwesternschaft engagiert. Mehr als 30 Jahre lang arbeitete die 81-jährige Pfälzerin aus Hauptstuhl vor allem in einer Klinik in Kaiserslautern. "Die Pflege war eine Berufung für mich", sagt die Pensionärin, die einen Stammtisch für altgediente DRK-Schwestern initiierte und für ihr berufliches Wirken das Bundesverdienstkreuz erhielt.

Als sie 1960 als Schwesternhelferin anfing, ging es ihr wie vielen ihrer evangelischen oder katholischen Mitschwestern. "Für unverheiratete Frauen war der Pflegeberuf oft die einzige Möglichkeit, eine Ausbildung zu machen", erinnert sich Brigitte Frank, die einst auch das Schwesternhäubchen und die blaue Tracht trug.

Bewusst seien die Rotkreuzschwestern - und ihre Schwestern in muslimischen Ländern, der Rotmond-Bewegung - in Glaubensdingen überparteilich, macht Oberin Wagner deutlich. Die weltanschauliche Neutralität sei ein wesentlicher Grund dafür, dass die Helferinnen in mehr als 180 nationalen DRK-Gesellschaften oft unter schwierigen Bedingungen wirken könnten.
Deren humanitäre Gesinnung geht zurück auf den Schweizer Geschäftsmann und Humanisten Henri Dunant (1828-1910). Der Genfer setzte sich nach eigenen Kriegserfahrungen dafür ein, Verletzte, Kranke und Bedürftige weltweit gleich zu versorgen, ohne auf Hautfarbe, Religion oder Nationalität zu achten. Dieser geistigen Tradition, die eng verbunden ist mit der christlichen Idee der Nächstenliebe, fühlen sich die DRK-Schwestern bis heute verpflichtet.

DRK Schwestern nehmen jetzt Männer auf

Längst zählen die DRK Schwesternschaften zu den größten Ausbildungsträgerinnen für Pflegeberufe in Deutschland. Eine eigene Pflegeschule hat die Gemeinschaft unter anderem in Saarlouis. Wegen des Nachwuchsmangels versuche man auch internationale Bewerberinnen aus Indien oder Vietnam zu gewinnen, erzählt Oberin Wagner.
Nadine Schwarz findet es "super", dass die DRK Schwesternschaft Rheinpfalz-Saar kürzlich beschlossen hat, auch Männer in ihren Reihen aufzunehmen. "Nach 150 Jahren wurde es höchste Zeit, Gleichberechtigung muss ein."