Kritik am Armutsbericht des Paritätischen Wohlfahrtverbandes

Kritik am Armutsbericht des Paritätischen Wohlfahrtverbandes

Berlin (epd). Experten haben den kürzlich vom Paritätischen Wohlfahrtsverband vorgelegten Armutsbericht, nach dem die Armut in Deutschland 2021 einen neuen Höchststand erreicht hat, kritisiert. Die „Süddeutsche Zeitung“ (Freitag) zitierte Vertreter von Wirtschaftsforschungsinstituten, der Caritas und aus der Politik, die dem Verband eine unlautere Zuspitzung vorwerfen, die die Datengrundlage nicht hergebe.

Der Ende Juni vorgelegte Armutsbericht kommt zu dem Ergebnis, dass 13,8 Millionen Menschen in Deutschland arm seien. Der Verband konstatierte eine Erhöhung der Armutsquote um 0,4 Prozentpunkte auf 16,6 Prozent im Jahr 2021 im Vergleich zum Vorjahr 2020.

Die Experten verweisen nun darauf, dass das Statistische Bundesamt, auf dessen Daten der Bericht fußt, 2020 seine Erhebungsmethode umgestellt habe. Die Daten seien daher nicht mit früheren Jahren vergleichbar, auch nicht mit späteren, sagte Judith Niehues vom arbeitgebernahen Institut der deutschen Wirtschaft (IW Köln) der „Süddeutschen Zeitung“. Der diesjährige Armutsbericht macht die Statistikumstellung mit einer gestrichelten Linie zwischen 2019 und 2020 sichtbar und weist auch auf die Umstellung hin. Die Grafik stellt die Entwicklung aber dennoch in eine Zeitreihe von 2005 bis 2021.

Kritisiert wird von den Wirtschaftsexperten zudem die Definition des Paritätischen, wonach jede Person mit einem Nettoeinkommen, das weniger als 60 Prozent des Durchschnittseinkommens beträgt, als arm gilt. Man müsse beispielsweise auch Vermögen berücksichtigen, sagte Markus Grabka vom Wirtschaftsforschungsinstitut DIW der Zeitung und verwies auf Ältere mit zwar geringer Rente, aber einem Eigenheim. „Es gibt nicht 13,8 Millionen Arme im Land“, sagte er.

„Die Zuspitzung der Parität ist nicht sinnvoll, wenn wir über wirksame Armutsbekämpfung diskutieren wollen“, sagte der ehemalige Caritas-Generalsekretär Georg Cremer. Der SPD-Sozialpolitiker Martin Rosemann warf dem Paritätischen eine „methodisch fragwürdige Basis“ vor. Der Verband selbst verteidigte seinen Bericht. Der Hinweis auf das Statistische Bundesamt sei richtig, die festgestellten Armutsquoten dennoch „überaus plausibel“, zitierte die Zeitung den Verband.