Missbrauchsbeauftragte fordert Betroffenenrat in jedem Bundesland

Missbrauchsbeauftragte fordert Betroffenenrat in jedem Bundesland

Berlin, Essen (epd). Die Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Kerstin Claus, dringt darauf, in jedem Bundesland einen Betroffenenrat einzurichten. Solche Gremien seien „mindestens so wichtig“ wie die Landesmissbrauchsbeauftragten, sagte Claus den Zeitungen der Essener Funke Mediengruppe (Online Sonntag, Print Montag). „Die Betroffenen bringen die Expertise mit, sie kennen Täterstrategien, wissen um notwendige Hilfe und wie Verfahren kindgerechter ablaufen könnten.“ Auch mit Blick auf eine kompetente medizinische Grundversorgung sei das Wissen Betroffener wichtig.

Die Unabhängige Beauftragte zu Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs kritisierte zudem die Ende Mai vorgestellten Zahlen aus der Polizeilichen Kriminalstatistik zu sexueller Gewalt gegen Kinder als „regelrecht verharmlosend“. Im vergangenen Jahr sind demnach mehr als 17.700 unter 14-Jährige in Deutschland Opfer sexualisierter Gewalt geworden. Claus erklärte, diese Zahl bildeten nicht annähernd das wahre Ausmaß sexueller Gewalt ab.

Die meisten dieser Kinder würden nicht einmal missbraucht, sondern mehrfach, sagte sie. Die Statistik weise sie aber nur einmal als „Fall“ aus. Und das sei nur das polizeiliche Hellfeld, also die angezeigten Fälle. „Die Politik muss sich jetzt dazu verabreden, dass wir die Dunkelziffer regelmäßig erheben“, forderte die Missbrauchsbeauftragte. Claus kritisierte zudem, dass die deutsche Gesellschaft noch immer zu wenig über das Thema sexuelle Gewalt spreche. „Es gibt eine Kultur des Missbrauchs in Deutschland und die zieht sich über Jahrzehnte. Früher noch unsichtbarer als heute.“