Bau- und Sozialverbände fordern mehr Einsatz für bezahlbares Wohnen

Bau- und Sozialverbände fordern mehr Einsatz für bezahlbares Wohnen
Um Wohnen auch für Menschen mit kleinem Einkommen bezahlbar zu machen, dringen Verbände auf Steuersenkungen und Mietpreisbegrenzungen. Nach Ansicht der IG Bau steck der Sozialwohnungsbau aktuell "in einem Dilemma".

Bochum, Frankfurt (epd). Um den Wohnungsbau anzukurbeln, fordert die Gewerkschaft IG Bau eine deutliche Steuersenkung auf die Baukosten von Sozialwohnungen. „Der soziale Wohnungsbau ist wichtiger denn je“, sagte der Bundesvorsitzende der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt, Robert Feiger am Samstag in Frankfurt. „Es wird deshalb höchste Zeit, die Neubaukosten für Sozialmietwohnungen spürbar zu senken.“ Der Gewerkschafter forderte Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) auf, die Mehrwertsteuer für den Bau von Sozialwohnungen zunächst auf sieben Prozent und dann auf null Prozent zu senken.

Bei einem „Mietenstopp-Gipfel“ in Bochum drangen Sozialverbände und Wissenschaftler derweil auf einen bundesweiten Stopp von Mieterhöhungen und mehr Investitionen in gemeinnützigen Wohnraum. Menschen aller Einkommensgruppen müssten am „Menschenrecht auf Wohnen“ teilhaben, sagte die NRW-Vorsitzende des Paritätischen Gesamtverbandes, Elke Schmidt-Sawatzki am Freitagabend bei einer Podiumsdiskussion. Der geplante Bau von 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr müsse sozial- und klimaverträglich gestaltet werden.

Die Ampelkoalition plant, dass jährlich 400.000 Wohnungen gebaut werden, davon 100.000 Sozialwohnungen. Nach Angaben des Pestel Instituts, haben rund elf Millionen Menschen eine Berechtigung für eine Sozialwohnung. Derweil gebe es in Deutschland nur noch 1,1 Millionen Sozialwohnungen.

Die Regierung müsse dringend gegensteuern, mahnte der Gewerkschafter Feiger: „Der Sozialwohnungsbau steckt aktuell in einem Dilemma: Die Baumaterialpreise steigen enorm. Gleichzeitig nimmt die Zuwanderung deutlich zu.“ Auch die Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine seien auf bezahlbare Wohnungen angewiesen.

Für eine durchschnittliche Sozialwohnung mit 60 Quadratmetern Wohnfläche würde die Mehrwertsteuerbefreiung bei den reinen Baukosten eine Reduzierung um 33.000 Euro bedeuten, wie das Pestel Institut im Auftrag der IG Bau errechnet hat. Bei einem ermäßigten Umsatzsteuersatz von sieben Prozent betrage die Ersparnis rund 20.000 Euro. Zudem könnten Büros und andere bereits verfügbare Flächen zu Sozialwohnungen umgebaut werden. Feiger forderte, um Missbrauch vorzubeugen, müssten die Steuervergünstigungen daran gekoppelt werden, dass die geförderten Sozialwohnungen auch auf Dauer diesen Status behalten.

Auf EU-Ebene ist derzeit eine Null-Prozent-Steuer für den Wohnungsbau nicht erlaubt. Nach Ansicht der IG Bau sollte sich die Bundesregierung gezielt dafür einsetzen.

Gewerkschaftsvertreter beklagten beim „Mietenstopp-Gipfel“, Mietpreise würden besonders drastisch erhöht, wenn Wohnblocks innerhalb kurzer Zeit mehrmals weiterverkauft würden. Daher werde eine Mietpreisbremse gebraucht, sagte die Bundestagsabgeordnete und Mietenpolitikerin Caren Lay (Die Linke). Sie schlug ein Modell für alle Städte nach dem Vorbild von Wien vor, wo ein fester Prozentsatz der bestehenden und neuen Wohnungen sozial gebunden ist.

Während des Treffens in Bochum wollten Mieterverbände, Gewerkschaften und Sozialverbände bis Sonntag Forderungen und Aktionen ausarbeiten, um Wohnraum auch für Menschen mit geringem Einkommen bezahlbar zu machen. Sie kündigten eine Mietpreisstopp-Kampagne und Demonstrationen an.