Medizinethikerin Denkhaus gegen Legalisierung der Leihmutterschaft

Medizinethikerin Denkhaus gegen Legalisierung der Leihmutterschaft
22.04.2022
epd
epd-Gespräch: Julia Pennigsdorf

Loccum (epd). Die Medizinethikerin Ruth Denkhaus hat sich gegen eine Legalisierung der Leihmutterschaft in Deutschland ausgesprochen. „Eine Schwangerschaft als Dienstleistung wirft viele schwierige Fragen auf, die wir nicht zufriedenstellend regeln können“, sagte die evangelische Theologin, die im Zentrum für Gesundheitsethik an der Evangelischen Akademie Loccum tätig ist, dem Evangelischen Pressedienst (epd). Aus theologisch-ethischer Sicht sei es vor allem wichtig sicherzustellen, dass Frauen sich nicht aus rein finanziellen Gründen für eine Leihmutterschaft entscheiden. Das aber sei in der Praxis kaum kontrollierbar.

Die Debatte um die in Deutschland verbotene Leihmutterschaft ist neu entfacht, weil die braunschweigische Landeskirche ihren langjährigen Domkantor Gerd-Peter Münden am 22. März gekündigt hatte. Der 56-Jährige hatte geplant, mit seinem Ehemann eine Leihmutterschaft in Kolumbien zu beauftragen. Das stehe im Widerspruch zu den ethischen Grundsätzen der Kirche, begründete der Domstiftungsvorstand die Kündigung. Das Arbeitsgericht Braunschweig hat für Dienstag eine Güteverhandlung dazu angesetzt.

Denkhaus unterstrich, dass aus evangelischer Sicht grundsätzlich der individuellen Gewissensentscheidung eine große Bedeutung zukomme. Wenn sich ein Paar entscheide, eine Leihmutterschaft im Ausland in Anspruch zu nehmen, sollten jedoch bestimmte Mindestkriterien erfüllt sein, um die Rechte der Leihmütter und der Kinder zu schützen.

Zu den Kriterien gehörten eine unabhängige, umfassende Aufklärung der Leihmutter zu medizinischen, psychosozialen und rechtlichen Aspekten sowie zu den Risiken einer Leihmutterschaft. „Nur so können Frauen frei und informiert entscheiden.“ Sollte Geld gezahlt werden, dürfte das „keinen Anreiz darstellen“, betonte sie: „Zahlungen sollten nur die entstandenen Kosten decken.“

Die Rechte der Leihmutter müssten stets im Mittelpunkt stehen: „Die Frauen müssen über ihre Körper selbst bestimmen.“ Das gelte für alle Entscheidungen wie etwa Ernährung, Vorsorge-Untersuchungen oder die Frage, ob natürlich oder per Kaiserschnitt entbunden werde.

Auch die Entscheidung, das Kind zu behalten, weil im Laufe der Schwangerschaft eine Bindung entstanden sei, sieht Denkhaus bei der Leihmutter. „Es muss eine Bedenkzeit, ein Vetorecht geben“, sagte sie. Das Gleiche gelte für einen Schwangerschaftsabbruch. Auch da greife das Selbstbestimmungsrecht. Die Kinder müssten darüber hinaus das Recht haben, zu erfahren, wer ihre genetische Mutter ist.