Urteil: Höheres Schmerzensgeld für nicht entschuldbaren Arztfehler

Urteil: Höheres Schmerzensgeld für nicht entschuldbaren Arztfehler

Karlsruhe (epd). Patienten können bei einem ärztlichen Behandlungsfehler nicht nur für das erlittene Leiden Schmerzensgeld beanspruchen. Ein nicht entschuldbarer Verstoß gegen die ärztliche Sorgfaltspflicht und damit ein hoher Grad des Verschuldens des Arztes kann die Höhe des Schmerzensgeldes zusätzlich erhöhen, entschied der Bundesgerichtshof (BGH) in einem am Montag veröffentlichten Urteil. (AZ: VI ZR 409/19)

Damit kann eine Witwe wegen der fehlerhaften ärztlichen Behandlung ihres verstorbenen Mannes auf eine höhere Schmerzensgeldzahlung hoffen. Ihr Mann musste 2008 als Notfall ins Krankenhaus. Eine Röntgenaufnahme und ein EKG legten einen Herzinfarkt nahe. Der damals 72-Jährige kam auf eine Normalstation, ohne dass zunächst eine Herz-Katheteruntersuchung gemacht wurde. Als es einige Stunden später zum Herzstillstand kam und der Mann wiederbelebt werden musste, wurde die Untersuchung doch noch gemacht. Einen Tag später starb der Mann an einem erneuten Herzstillstand.

Die Witwe verlangte wegen eines grob fehlerhaften Behandlungsfehlers 30.000 Euro Schmerzensgeld. Die Katheteruntersuchung hätte viel eher begonnen werden müssen. Ihr verstorbener Mann habe bis zu seinem Tod besonders leiden müssen.

Das Oberlandesgericht Düsseldorf sprach ihr 2.000 Euro Schmerzensgeld zu. Dabei berücksichtigte das Gericht bei der Höhe des Schmerzensgeldes nicht den Grad des Verschuldens des Arztes. Schmerzensgeld als Genugtuung für den erlittenen Behandlungsfehler sei nicht erforderlich, da der Mann ja schon tot sei.

Der BGH wertete dies als fehlerhaft und verwies das Verfahren zur erneuten Prüfung zurück. Schmerzensgeld solle dem Geschädigten einen angemessenen Ausgleich für die erlittenen Schäden geben. Dabei könnten aber nicht nur Größe, Heftigkeit und Dauer der Schmerzen, das Leiden sowie Entstellungen die Höhe der Entschädigung beeinflussen. Ein hoher Grad des Verschuldens des Arztes könne zusätzlich den Schmerzensgeldanspruch erhöhen.

Dies sei der Fall, wenn das ärztliche Verhalten „eindeutig gegen gesicherte und bewährte medizinische Erkenntnisse und Erfahrungen verstieß“, erklärte der BGH. Hier habe der Mann zumindest teilweise den Geschehensablauf im Krankenhaus bis zu seinem Tod miterlebt. Der Grad des Verschuldens des Arztes müsse als Genugtuung bei der Höhe des Schmerzensgeldes einfließen.