EKD-Ratschef wirbt für europaweite Mindestlöhne

EKD-Ratschef wirbt für europaweite Mindestlöhne
Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Nikolaus Schneider, hat sich für europaweite Mindestlöhne ausgesprochen. Er plädiere für eine "Untergrenze, unter der Löhne nicht gezahlt werden dürfen, weil es die Würde des Menschen beschädigt".

Schneider sagte am Mittwoch in Brüssel, er halte entsprechende Vorschläge des EU-Sozialkommissars László Andor für gut. Andor hatte im April Empfehlungen für Mindestlöhne in allen EU-Ländern vorgestellt - er hält dabei unterschiedliche Untergrenzen je nach Land und Branche für sinnvoll.

"Ich würde mir wünschen, dass wir soziale Standards für das Leben der Menschen in Europa entwickeln", sagte Schneider, der an einer Diskussionsrunde über Europas Sozialpolitik im Rahmen des WDR-Europaforums teilnahm. Er verlangte auch europaweite klare Standards für Berufsausbildungen und Zielvorgaben für die Angleichung der Lebensverhältnisse. An Europa habe ihn schon immer ein wenig irritiert, "dass Markt und Wettbewerb die leitenden Gesichtspunkte waren, um das Zusammenwachsen der Völker voranzubringen", unterstrich der EKD-Ratsvorsitzende.

FDP fürchtet Abwürgen der Konjunktur

Sozialkommissar Andor bekräftigte während der Debatte seine Mindestlohn-Vorschläge. Die EU-Kommission kann in dieser Frage allerdings nur Appelle aussprechen, keine Gesetzvorschläge machen. Der Europaparlamentarier Alexander Alvaro (FDP) warnte eindringlich vor einem europaweit festgeschriebenen einheitlichen Mindestlohn. "Damit würgen wir eher Konjunkturen ab, als dass wir ihnen helfen." Die Angleichung der Lebensverhältnisse versuche die EU über ihre Strukturfonds zu erreichen - allerdings könnte die Mittelvergabe "durchaus intelligenter" ablaufen, sagte Alvaro.

Der Grünen-Abgeordnete Sven Giegold sagte, Europa sei als Wertegemeinschaft konzipiert worden, die aber im Moment nicht politisch unterfüttert sei. Er plädierte für europäische Mindeststeuersätze im Bereich der Körperschaften und Kapitaleinkommen sowie einen besseren Kampf gegen Steueroasen und Steuerflucht. Mangels Einstimmigkeit im EU-Ministerrat sei eine Zusammenarbeit zwischen bestimmten interessierten Regierungen vorstellbar: "Da vermisse ich den Druck aus Frankreich, Deutschland und anderen Ländern."

Europa habe durchaus sozialpolitische Ziele, sagte die französische EU-Parlamentarierin Francoise Castex  (Sozialdemokraten). Es fehlten allerdings die Instrumente zur Umsetzung, Zeitpläne und Sanktionsmöglichkeiten. "Beim Haushalt können wir schon Staaten sanktionieren. Genauso muss es möglich sein, Staaten zu sanktionieren, die sich nicht an gemeinsam beschlossene Mindest-Sozialvorschriften halten wollen."