Seeleute aus Ukraine und Russland verbindet große Trauer

Seeleute aus Ukraine und Russland verbindet große Trauer

Bremerhaven, Hamburg (epd). Der russische Angriff auf die Ukraine und der Krieg in Städten wie Kiew und Charkiw ist auch auf vielen Handelsschiffen spürbar. „Russen und Ukrainer gehören nach den Männern von den Philippinen weltweit zu den größten Gruppen unter den Seeleuten, sie arbeiten seit vielen Jahren zusammen“, sagte der Bremerhavener Seemannsdiakon Thomas Reinold am Mittwoch dem Evangelischen Pressedienst (epd). Das funktioniere auch nach wie vor. „Aber die Trauer unter ihnen ist groß - und zwar auf beiden Seiten.“

Reinold arbeitet bei der evangelischen Seemannsmission im „Welcome“ am Containerhafen in Bremerhaven, an den deutschen Küsten ist dies nach Hamburg der zweitgrößte Treffpunkt für Seeleute aus aller Welt. „Hier sind oft Seeleute aus der Ukraine und Russland zu Gast“, sagte Reinold. Erst vor ein paar Tagen sei er als Seelsorger zu einem Bordbesuch auf ein Schiff mit ukrainischer Besatzung gerufen worden: „Der Kapitän hat um den Besuch gebeten, alle waren vollkommen fertig.“

Normalerweise neigten die Seeleute aus der Ukraine nicht zu Gefühlsausbrüchen. „Aber jetzt haben sie große Sorgen und Angst um ihre Familien. Manche machen sich auch Vorwürfe und fragen sich: Warum bin ich hier und nicht in meiner Heimat?“ Trotzdem sei spürbar, dass Russen und Ukrainer an Bord weiter zusammenarbeiten wollten. „Die Brüderlichkeit zwischen ihnen ist groß, die Angst vor der Entzweiung aber mindestens genauso.“

Eine Heimkehr ist für ukrainische Seeleute derzeit schwierig. „Inzwischen ist auch für russische Seeleute durch den Abbruch der Flugverbindungen eine Heimkehr nach Vertragsende kaum noch möglich“, hieß es aus der Zentrale der Deutschen Seemannsmission in Hamburg. Es sei zu befürchten, dass weitere Seeleute an Bord hängen blieben, weil ihre Ablösung nicht anreisen könne. Wie Reinold sagte auch Matthias Ristau, Generalsekretär der Deutschen Seemannsmission: „Auf vielen Schiffen arbeiten russische und ukrainische Seeleute zusammen, bisher ohne große Spannungen.“

Bremerhaven gehört zum Netzwerk der evangelischen Deutschen Seemannsmission mit mehr als 30 Stationen im In- und Ausland. Dort leisten Hunderte Haupt- und Ehrenamtliche auf Schiffen, in Seemannsclubs und in Seemannsheimen Seelsorge und Sozialarbeit für Seeleute aus aller Welt.