Woelki bietet Amtsverzicht an und bittet um Chance für Neuanfang

Woelki bietet Amtsverzicht an und bittet um Chance für Neuanfang
Kölner Erzbischof nach Auszeit zurück im Amt
Trotz massiven Drucks von Kritikern und Kirchenvolk ist der Kölner Erzbischof Woelki zurück im Amt. Dem Papst hat er aber seinen Rücktritt angeboten. In einem Hirtenbrief kündigt er Dialogbereitschaft an und bittet um die Chance auf einen Neubeginn.

Köln (epd). Begleitet von Protesten ist der umstrittene Kölner Erzbischof Rainer Maria Woelki nach seiner Auszeit ins Amt zurückgekehrt. Er habe dem Papst aber seinen Rücktritt angeboten, schrieb Woelki am Mittwoch an die Gläubigen, die er um Geduld, Unterstützung und die Chance auf einen Neuanfang bat. Woelki wird vor allem wegen seines Umgangs mit der Aufarbeitung von Missbrauchsfällen, aber auch wegen seiner reformfeindlichen Haltung seit längerem heftig kritisiert. Der Münsteraner Kirchenrechtler Thomas Schüller sieht den 65-jährigen Kardinal als „Erzbischof auf Abruf“.

Franziskus sei nun „frei, zu entscheiden, was dem Wohl der Kirche von Köln am meisten dient“, schrieb Woelki in seinem Hirtenbrief zum Aschermittwoch. Der Papst ordnete nach Angaben des Erzbistums an, dass Woelki seinen Dienst an der Spitze des größten deutschen Bistums nach dem Ende seiner fünfmonatigen „geistlichen Auszeit“ wieder aufnimmt. Woelki kündigte an, er wolle sich mit allen ihm zur Verfügung stehenden Kräften dafür einsetzen, dass Gott „uns die Chance für einen Neuanfang schenken“ möge. „Hierzu bitte ich Sie um Ihre Offenheit, Ihre Geduld, darum, dass Sie mir, nein, uns noch eine Chance geben“, appellierte der Kardinal an die knapp 1,9 Millionen Katholiken im Erzbistum Köln.

Rund 300 Menschen folgten am Mittwoch einem Aufruf der Reforminitiative „Maria 2.0“ und demonstrierten vor dem Kölner Dom gegen Missbrauch und Vertuschung in der katholischen Kirche. Es gehe um einen „Systemwechsel in der Kirche“, sagte Mitorganisatorin Marianne Arndt. Der in Münster lehrende Kirchenrechtler Thomas Schüller nannte Woelki einen „Erzbischof auf Probe oder auch auf Abruf“. Eine „unendliche Geschichte“ werde ohne Not „in die nächste Schleife geschickt mit offenem Ausgang“, sagte Schüller dem Evangelischen Pressedienst (epd). Man könne Woelkis Brief so lesen, dass er zwar den Rücktritt anbiete, aber wie beim Hamburger Erzbischof Stefan Heße bereits wisse, dass der Papst ihn nicht annehmen werde.

Ebenso könne man den Brief so lesen, dass er sich auf eine gewisse Weise selbstkritisch reflektiere und nun in eine Zeit der Probe und Bewährung gehe, an dessen Ende ein entscheidungsmüder Papst sich entscheiden müsse, sagte der Direktor des Instituts für Kanonisches Recht der Universität Münster. In jedem Fall handle es sich um „ein unwürdiges Schauspiel für alle Beteiligten und im wörtlichen Sinn eine Zu-mutung“, vor allem für die Gläubigen und die Opfer sexualisierter Gewalt, kritisierte Schüller.

Katholische Laien und Reformbewegungen fordern angesichts eines massiven Vertrauensverlusts seit Monaten einen personellen Neuanfang im Erzbistum Köln, zahlreiche Mitglieder traten aus der Kirche aus. Zuletzt überwog offenbar auch im engsten Beraterkreis Skepsis an einer „gedeihlichen“ Zukunft des Bistums mit Woelki an der Spitze. In einer repräsentativen Forsa-Umfrage sprach sich zudem eine überwältigende Mehrheit der Katholiken im Erzbistum gegen eine Amtsrückkehr des Kardinals aus.

Im vergangenen Juni hatten päpstliche Gutachter den Umgang der Kölner Bistumsleitung mit Fällen sexualisierter Gewalt durch Geistliche geprüft. Im September entschied der Papst, dass Woelki im Amt bleiben darf. Franziskus beurlaubte den Kardinal aber auf dessen Wunsch für eine „geistliche Auszeit“, die Mitte Oktober begann.

Der gebürtige Kölner Woelki steht seit September 2014 an der Spitze des Erzbistums. Vorgeworfen wird ihm unter anderem, dass er ein Ende 2018 in Auftrag gegebenes unabhängiges Rechtsgutachten zu sexualisierter Gewalt im Erzbistum monatelang wegen angeblicher methodischer Mängel unter Verschluss hielt und stattdessen ein neues Gutachten in Auftrag gab. Eine persönliche Pflichtverletzung wurde ihm nicht nachgewiesen.

Auch die päpstlichen Visitatoren fanden keinen Hinweis auf ein rechtswidriges Handeln des Kardinals. Allerdings habe er „in der Herangehensweise an die Frage der Aufarbeitung insgesamt, vor allem auf der Ebene der Kommunikation, auch große Fehler gemacht“, erklärte der Heilige Stuhl im September. Auch Woelki selbst räumte Fehler bei der Aufarbeitung und in der Kommunikation ein.