Justizminister Buschmann: Müssen aus "Versagen" in Hanau lernen

Justizminister Buschmann: Müssen aus "Versagen" in Hanau lernen
Anlässlich des zweiten Jahrestags des rassistischen Anschlags in Hanau am 19. Februar dringen Vertreter aus Politik und Religionsgemeinschaften auf eine lückenlose Aufklärung des Verbrechens. Es seien noch viele Fragen offen.

Berlin, Hanau (epd). Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) hat anlässlich des zweiten Jahrestags des rassistischen Anschlags in Hanau von einem Versagen des Staates gesprochen, aus dem man weiter lernen müsse. „Wir haben unsere Mitbürgerinnen und Mitbürger nicht schützen können vor mörderischem Hass und Wahn, die in unserer Gesellschaft wachsen konnten“, erklärte Buschmann am Freitag in Berlin. Staatliche Stellen hätten sich später gegenüber Betroffenen unangemessen verhalten. „Es ist unsere Pflicht, aus diesem Versagen zu lernen.“

„Solange in unserem Land Menschen leiden und sterben, weil man sie für 'fremd' erklärt, werden wir auch der Verantwortung nicht gerecht, die uns aus unserer Geschichte erwächst“, betonte der Justizminister. Er sprach von „Abscheu und Trauer“ im Zusammenhang mit dem Anschlag. Am 19. Februar 2020 hatte Tobias R. in Hanau aus rassistischen Motiven neun Menschen mit ausländischen Wurzeln erschossen und zahlreiche weitere Menschen verletzt. Anschließend erschoss er auch seine Mutter und nahm sich selbst das Leben.

Am Jahrestag des Anschlags am Samstag ist um elf Uhr eine Gedenkveranstaltung auf dem Hanauer Hauptfriedhof geplant, zu der unter anderen Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD), der Opferbeauftragte der Bundesregierung, Pascal Kober (FDP), und der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) erwartet werden. Um 16 Uhr findet auf dem Marktplatz unter dem Motto „Zwei Jahre nach Hanau: Kein Vergeben, kein Vergessen“ eine Kundgebung statt.

Der Opferbeauftragte Kober äußerte die Hoffnung, dass der in Hessen eingesetzte Untersuchungsausschuss den Anschlag lückenlos aufklären wird. „Mir ist insbesondere bewusst, wie wichtig es für die Betroffenen ist, die Einzelheiten des Tathergangs und des folgenden Handelns der Behörden zu kennen“, sagte er.

Nach Ansicht der Integrationsbeauftragten der Bundesregierung, Reem Alabali-Radovan (SPD), sind noch viele Fragen offen. „Wir sind den Familien der Opfer eine transparente und lückenlose Aufarbeitung schuldig. Das tief verletzte Vertrauen in unseren Staat müssen wir gemeinsam wiederaufbauen, sowohl bei den Angehörigen als auch bei den Menschen, die immer wieder rassistische Angriffe erleben.“ Sie werde dafür eintreten, dass es auch von Seiten des Bundes Unterstützung und Transparenz gebe.

Der Präsident des Hessischen Landtags, Boris Rhein (CDU), sagte: „Die Morde von Hanau mahnen uns, rechtsextremistisches Gedankengut mit aller Konsequenz zu bekämpfen.“ Denn es sei die Ursache für Antisemitismus, Verachtung und Gewalt. „Wir müssen deshalb jeden Tag die Stimme erheben gegen Angriffe auf unsere Gesellschaft, unseren Rechtsstaat und unsere Demokratie.“

Am Samstag wollen auch der evangelische Kirchenkreis Hanau und der Muslimische Arbeitskreis gemeinsam an das Attentat erinnern und ein Zeichen für eine offene, tolerante Gesellschaft setzen. Das Verbrechen habe Wunden gerissen, das Land und das Zusammenleben verändert, sagte die kurhessische Bischöfin Beate Hofmann. Das Berliner House of One, unter dessen Dach sich künftig eine Synagoge, eine Kirche und eine Moschee befinden werden, lädt ebenfalls zu einem jüdisch-christlich-muslimischen Online-Gebet ein.