Prozess wegen "NSU 2.0"-Drohschreiben begonnen

Prozess wegen "NSU 2.0"-Drohschreiben begonnen

Frankfurt a.M. (epd). Im Fall der Drohschreiben-Serie mit der Unterschrift „NSU 2.0“ hat am Mittwoch der Prozess am Landgericht Frankfurt am Main begonnen. Ein arbeitsloser IT-Techniker aus Berlin soll laut Staatsanwaltschaft zwischen dem 2. August 2018 und dem 21. März 2021 insgesamt 116 Drohschreiben verfasst und dabei regelmäßig die Grußformel „Heil Hitler“ verwendet haben. Bei den Adressaten handelte es sich um Frauen sowie um Repräsentanten von Behörden und Institutionen. Betroffen waren unter anderen die Frankfurter Rechtsanwältin Seda Basay-Yildiz, die heutige Linken-Bundesvorsitzende Janine Wissler und die Berliner Kabarettistin Idil Baydar.

Die Drohschreiben hatten große Besorgnis bei den betroffenen Frauen ausgelöst, weil sie in vielen Fällen persönliche, zum Teil nicht frei zugängliche Daten enthielten. Da sich herausstellte, dass vor einigen Drohschreiben persönliche Daten der Betroffenen ohne Anlass auf Polizeicomputern in Frankfurt, Wiesbaden, Hamburg und Berlin abgerufen worden waren, hatte dies den Verdacht auf rechtsextremistische Täter in Polizeikreisen gelenkt. Die Ermittler hatten aber keine Mittäter gefunden. Vielmehr habe der Angeklagte die Daten „unter Einsatz einer Legende erlangt“, indem er vorgegeben habe, Bediensteter einer Behörde zu sein.

Die Anklage hält den über rechtsextremistische Chatgruppen aufgespürten Angeklagten für den alleinigen Täter. In der 120 Seiten umfassenden Anklageschrift wirft die Staatsanwaltschaft ihm neben 67 Fällen der Beleidigung eine ganze Reihe weiterer Vergehen vor, darunter versuchte Nötigung, Bedrohung, Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener, Verbreiten von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen sowie ein Verstoß gegen das Waffengesetz. Vor dem Prozess hat der Beschuldigte die Vorwürfe bestritten.

Für das Verfahren sind zunächst 13 folgende Verhandlungstage bis 28. April und danach weitere an jedem Donnerstag vorgesehen.