Katholischer Orden legt Bericht über Missbrauch in Kinderheimen vor

Katholischer Orden legt Bericht über Missbrauch in Kinderheimen vor

Thuine (epd). Der katholische Orden der Thuiner Franziskanerinnen hat einen Zwischenbericht zur Aufklärung von sexueller Gewalt und körperlichen Misshandlungen in seinen Kinderkurheimen in den 1970er bis 1990er Jahren vorgelegt. Der Bericht solle vor allem den Schilderungen der Betroffenen Raum geben, sagte die Generaloberin Schwester Maria Cordis Reiker am Mittwoch: „Die ehemaligen Kurkinder unserer Einrichtungen sollen wissen, dass wir ihre Erinnerungen nicht infrage stellen.“ Ihre Stimmen sollten gehört werden „von allen Schwestern in unserem Orden, von allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in unseren Einrichtungen und von allen, die sich diesem Leid bisher verschlossen haben“.

Die Dokumentation umfasst Recherchen über einen Fall von sexueller Gewalt durch einen angestellten Erzieher und einige Fälle von Misshandlungen durch Schwestern in zwei Heimen in Niendorf an der Ostsee und einem auf der Nordseeinsel Borkum. Gespräche mit Betroffenen, Angehörigen und damals dort tätigen Schwestern sowie Recherchen bei Jugendämtern und Krankenkassen hätten keine Hinweise auf weitere Fälle erbracht, sagte Reiker dem Evangelischen Pressedienst (epd). Die meisten Akten seien bereits vernichtet. Deshalb verbinde der Orden mit dem Bericht den Aufruf an mögliche weitere Betroffene, sich zu melden.

Anlass für die vor gut einem Jahr begonnene Untersuchung seien Vorwürfe gewesen, die auf der Internetplattform „NetzwerkB“ bereits 2010 erhoben worden seien. Damals sei unmittelbar eine Ordensschwester beauftragt worden, den Vorwürfen nachzugehen. Diese habe die Recherchen mangels noch vorhandener Akten schnell eingestellt. Das sei ein Fehler gewesen, räumte Reiker ein, die seit 2016 Generaloberin in Thuine ist: „Aus heutiger Sicht war die Vorgehensweise, diese schweren Vorwürfe intern aufklären zu lassen, zu wenig.“

Autorin des Zwischenberichts ist die Leiterin der Diözesanbibliothek des Bistums Osnabrück, Christine Möller. Die Historikerin habe bei ihren Gesprächen und bei der Sichtung von Unterlagen in den Heimen freie Hand gehabt, versicherte die Generaloberin. Sie betrachte die Aufarbeitung als unabhängig, weil der Orden selbstständig sei und keinem Bistum unterstehe.

Dem „Orden der Franziskanerinnen vom hl. Martyrer Georg zu Thuine“ gehören den Angaben zufolge weltweit 940 Schwestern an. 170 leben im Mutterhaus in Thuine im Emsland.