Dachverband: Pläne für Ausbau von Sozialwohnungen unzureichend

Dachverband: Pläne für Ausbau von Sozialwohnungen unzureichend
Die Corona-Pandemie hat die Lage von Wohnungslosen verschärft. Die Zahl der Plätze in Hilfseinrichtungen sank aufgrund der Beschränkungen. Dabei seien immer mehr Menschen auf sie angewiesen, beklagt die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe.

Berlin (epd). Die Pläne der Bundesregierung für den Ausbau von Sozialwohnungen sind laut der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe (BAGW) unzureichend. Um Wohnungslosigkeit zu bekämpfen, müssten wesentlich mehr Sozialwohnungen errichtet werden als im Koalitionsvertrag vorgesehen, erklärte der Dachverband am Dienstag in Berlin. Bislang sieht die neue Bundesregierung laut Koalitionsvertrag den Bau von 100.000 Sozialwohnungen pro Jahr vor.

Während der Corona-Krise stieg die Zahl der Wohnungslosen der jüngsten Schätzung der BAGW zufolge um acht Prozent von 237.000 Menschen im Jahr 2018 auf 256.000 Personen im Jahr 2020.

Die Zahlen schließen nach Aussage der Bundesarbeitsgemeinschaft den Anteil anerkannter Geflüchteter nicht ein. Die Zahl der Geflüchteten ohne eigene Wohnung sank den Angaben zufolge analog zur stark abnehmenden Zahl der Menschen, die in Deutschland aufgenommen wurden, im gleichen Zeitraum um 64 Prozent.

Die Jahresgesamtzahl aller wohnungslosen Menschen inklusive Geflüchtete betrug laut Schätzung des Dachverbands vergangenes Jahr 417.000. Seit 2018 sei die Zahl um knapp 40 Prozent zurückgegangen, hieß es.

„Auch wenn die Zahl der Wohnungslosen im Geflüchtetensektor sinkt, kann von einer Entspannung des Wohnungsmarktes keine Rede sein, wie der Anstieg der Zahlen im Sektor der Wohnungslosenhilfe deutlich zeigt“, sagte die Geschäftsführerin der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe, Werena Rosenke. Sie forderte eine Quotenregelung für Wohnungslose bei der Zuteilung von Sozialwohnungen, denn diese seien stigmatisiert und hätten größere Schwierigkeiten als andere Berechtigte, ihren Anspruch geltend zu machen.

Mehr als ein Drittel der befragten Dienste und Einrichtungen hätten ihr Hilfsangebot pandemiebedingt einschränken müssen, betonte Rosenke unter Hinweis auf eine geringere Zahl an Plätzen und Beratungsterminen: „Wir müssen also vermuten, dass es mehr verdeckt wohnungslose Menschen gibt.“

Mit 180.000 Menschen sind laut Bundesarbeitsgemeinschaft 70 Prozent der Wohnungslosen alleinstehend. Der Frauenanteil liegt der Schätzung zufolge bei einem Drittel. Insgesamt 45.000 Menschen leben demnach ohne jede Unterkunft auf der Straße, davon allein 6.000 in Berlin.

Hauptgründe für steigende Zahlen im Wohnungslosensektor sind für die BAGW das nach wie vor unzureichende Angebot an bezahlbarem Wohnraum, der weitere Rückgang des Bestands an Sozialwohnungen und eine Verfestigung von Armut. Es mangele insbesondere an bezahlbarem Wohnraum für Menschen mit niedrigen Einkommen. Besonders betroffen seien einkommensschwache Ein-Personen-Haushalte, Alleinerziehende und kinderreiche Paare.

Der Anteil der Menschen, die trotz Erwerbsarbeit wohnungslos seien, habe sich innerhalb der vergangenen zehn Jahre verdoppelt, beklagte Rosenke. Der großen Gruppe von 16,5 Millionen Einpersonenhaushalten stand im vergangenen Jahr demnach ein Angebot von 5,5 Millionen Ein- bis Zweizimmerwohnungen gegenüber. Der Bestand an Sozialwohnungen habe sich in den Jahren 2019 und 2020 weiter reduziert. Allein seit 2017 schrumpfte er laut BAGW um 90.000 Wohnungen.