Soziologe: Corona-Kontrolleure besser auf Aufgabe vorbereiten

Soziologe: Corona-Kontrolleure besser auf Aufgabe vorbereiten
06.12.2021
epd
epd-Gespräch: Julia Pennigsdorf

Göttingen (epd). Der Soziologe Berthold Vogel sieht es kritisch, dass Berufsgruppen wie Gastronomen, Frisöre, Schaffner und Lehrkräfte den Impf- und Teststatus von Mitbürgern kontrollieren müssen. Die Politik delegiere Verantwortung in die Gesellschaft, lasse aber auf der konkreten Vollzugsebene diejenigen, die kontrollieren sollen, weitgehend alleine, sagte der Direktor des Soziologischen Forschungsinstituts Göttingen an der Georg-August-Universität dem Evangelischen Pressedienst (epd): „Gesellschaftlichen Zusammenhalt und Vertrauen fördert diese Delegation nicht.“

Zwar sei es nachvollziehbar, dass in einer pandemischen Notlage, in der detaillierte Regeln wie 2G, 2G plus und 3G gelten, Kontrollen stattfinden müssen. Doch dann sollten Staat und Gesellschaft auch entsprechende Rahmenbedingungen für diese erhebliche Verantwortungsübernahme schaffen, sagte Vogel.

Schließlich könne es bei den Kontrollen auch zu konfliktreichen Situationen kommen, die es zu entschärfen gelte. Für diese Aufgaben, beispielsweise den Impfstatus von Reisenden zu kontrollieren, brauche es Vorbereitung, Wissen und Schulung. Bei vielen Menschen, die Kontrollen durchführen und damit gesellschaftliche Verantwortung übernehmen, sei das Gefühl entstanden, sie müssten für die Versäumnisse und das Zaudern der Politik geradestehen. „Das hat den Verdruss gefördert“, sagte Vogel.

Wichtig ist es dem Wissenschaftler zufolge zudem, dass diejenigen, die sich von Berufs wegen mit dem Impfstatus ihrer Mitmenschen beschäftigen müssen, dies auf einer sicheren gesetzlichen Grundlage tun. Lehrkräfte beispielsweise würden häufig kritisiert, wenn sie das Impfen ihren Schülern empfehlen. Es entstünde der Eindruck, dass die Lehrer das aus sich heraus, im Sinne einer individuellen Meinung tun, sagte Vogel: „Ein Erlass oder eine Dienstanweisung, auf die sich die Lehrkräfte beziehen können und die ihnen den Rücken stärkt, wäre hilfreich.“

Vogel plädierte außerdem dafür, die Kommunikation, die die Corona-Maßnahmen flankieren, erheblich zu verbessern. Es gäbe viele kreative Marketing-Köpfe, die sicher in der Lage wären, zielgruppenspezifische, originelle und wirksame Kommunikationskampagnen für das Impfen zu entwickeln. „Es ist mir unverständlich, warum nicht schon seit dem Sommer in dieser Richtung mehr gemacht wird“, sagte er.