Missbrauchsbeauftragter stellt Lernspiel für Lehrkräfte vor

Missbrauchsbeauftragter stellt Lernspiel für Lehrkräfte vor
Lehrkräfte an allen Schulen sollen mit einem Online-Kurs fit gemacht werden für den Umgang mit sexueller Gewalt gegen Kinder. Der Missbrauchsbeauftragte Rörig sagt: Jede Lehrerin und jeder Lehrer kennt ein Kind mit Gewalterfahrungen.

Berlin (epd). Der Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Johannes-Wilhelm Rörig, und die Kultusbehörden wollen eine Million Lehrkräfte zu sexueller Gewalt digital fortbilden. Rörig sagte bei der Vorstellung des Online-Kurses am Donnerstag in Berlin, die Schule sei der „Präventionsort Nr. 1. Dort können wir alle Kinder erreichen“. Deshalb müssten Lehrerinnen und Lehrer Grundwissen haben und ihre Handlungsmöglichkeiten kennen. Rörig nannte die Fortbildungs-Initiative ein „Riesenprojekt“. Die Präsidentin der Kultusministerkonferenz (KMK) und brandenburgische Bildungsministerin Britta Ernst (SPD) sagte, der Schutz von Schülerinnen und Schülern vor jeglicher Gewalt gehöre zum selbstverständlichen Auftrag der Schule.

Der Online-Kurs „Was ist los mit Jaron?“ wurde vom Missbrauchsbeauftragten gemeinsam mit den Kultusbehörden der Länder entwickelt und wird als Fortbildung anerkannt. Er dauert vier Stunden und kann ab sofort genutzt werden. Er ist als „Serious Game“ konzipiert, das heißt, die Lehrkräfte können sich spielerisch durch die dargestellten Alltagssituationen bewegen und erhalten Rückmeldungen über ihr Handeln. Es werden unterschiedliche Fälle durchgespielt, etwa ein falscher Verdacht, ein Missbrauchsverdacht gegen einen Lehrer oder digitale Gewalterfahrungen von Schülerinnen.

Die Lehrkräfte erhalten Informationen über Verhaltensweisen von Missbrauchs-Opfern, lernen Täterstrategien kennen und erfahren, wie sie Schülerinnen und Schülern signalisieren können, dass sie ansprechbar sind - und sie lernen auch, wo ihre Grenzen sind und sie die Jugendhilfe oder andere Behörden einschalten müssen. Den Kurs gibt es für Grundschulen und für weiterführende Schulen.

Rörig sagte, statistisch gesehen säßen in jeder Schulklasse ein bis zwei Kinder mit der Erfahrung sexueller Übergriffe. „Wir gehen davon aus“, sagte er, „dass jede Lehrerin und jeder Lehrer ein Kind oder einen Jugendlichen mit Missbrauchserfahrungen kennt.“ Jede Schule müsse sich diesem Thema stellen. Der Online-Kurs wurde im Rahmen der Initiative „Schule gegen sexuelle Gewalt“ entwickelt, die Rörig 2016 ins Leben gerufen hat mit dem Ziel, an allen Schulen Schutzkonzepte zu etablieren.

KMK-Präsidentin Ernst nannte den Online-Kurs einen wertvollen Beitrag zu der Initiative. Er sei im schulischen Alltag gut anwendbar. Ernst betonte, durch die Schulschließungen in der Corona-Pandemie habe die Gewalt gegen Kinder und Jugendliche noch zugenommen.

Mit Blick auf den am Mittwoch vorgestellten Koalitionsvertrag der künftigen Ampel-Regierung sprach Rörig von einem „großen Fortschritt“ zur Bekämpfung von Kindesmissbrauch. Das Papier bilde „ein gutes Fundament“, um die Aufgaben und die Unabhängigkeit des Amtes des Missbrauchsbeauftragten gesetzlich zu regeln. Rörig selbst wird das Amt aufgeben, sobald über die Nachfolge entschieden ist.