Afghanischer Fluglotse verklagt Bundesregierung

Afghanischer Fluglotse verklagt Bundesregierung

Frankfurt a.M. (epd). Weil er nach jahrelangem Einsatz für die Bundeswehr in Masar-i-Scharif schutzlos zurückgeblieben ist, hat ein afghanischer Fluglotse Klage gegen die Bundesrepublik Deutschland eingereicht. Der Mann und seine Familie fordern demnach die Erteilung eines Visums, wie sein Anwalt Matthias Lehnert am Mittwoch erklärte. Nach Einschätzung des Juristen und von Helfern könnte das ein Präzedenzfall werden. Über den Fall hatte zuerst die „Tagesschau“ in einem Exklusiv-Beitrag berichtet.

Der Mann und weitere Kollegen hätten bis zuletzt für die Bundeswehr gearbeitet, heißt es in dem Beitrag. Mit ihren Familien seien sie zu einem Evakuierungstermin bestellt worden, bei dem sie aber nicht abgeholt worden seien. Die Mission sei dann aus Sicherheitsgründen abgesagt worden. Seitdem sitzen die zehn Fluglotsen dem Bericht zufolge mit ihren Familien in Afghanistan fest.

Der Kläger verlangt nun mit seiner Klage vor dem Verwaltungsgericht Berlin von der Bundesrepublik Deutschland ein Visum für sich, seine Frau und seine beiden kleinen Kinder. Anwalt Lehnert sieht die Schutzverantwortung Deutschlands klar gegeben. Auch wenn die Bundesregierung bei den Fluglotsen immer wieder darauf verweise, dass es sich meist um Werkverträge und nicht um Ortskräfte gehandelt habe, sei eine solche Abgrenzung nicht haltbar, sagte Lehnert dem Evangelischen Pressedienst (epd). Klar sei auch: Sein Mandant sei in Afghanistan gefährdet.

Ähnliche Klagen sind derzeit öffentlich - zumindest in größerem Umfang - nicht bekannt. In Vorbereitung sind aber weitere. „Auch wir bereiten derzeit Klagen vor“, sagte Alexander Fröhlich vom Patenschaftsnetzwerk Afghanische Ortskräfte dem epd. „Wir hoffen jedoch, dass die neue Bundesregierung einen sofortigen politischen Kurswechsel zugunsten der Betroffenen vollzieht.“

Die Taliban unterschieden nicht, auf welcher Rechtsgrundlage die Zusammenarbeit mit einer deutschen Regierungsorganisation stattgefunden habe, betonte Fröhlich. Zudem seien Gerichtsverfahren oft langwierig. „Wir befürchten, dass viele Ortskräfte, denen aktuell die Aufnahme verweigert wird, die Urteile nicht mehr erleben werden.“