Merkel: Ohne Respekt vor Andersdenkenden kein Frieden

Merkel: Ohne Respekt vor Andersdenkenden kein Frieden

Rom, Berlin (epd). Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat ihren Abschiedsbesuch in Rom für einen dringenden Friedensappell genutzt. „Ohne Respekt vor dem anders Denkenden und anders Glaubenden können wir nicht in Frieden miteinander leben“, sagte sie am Donnerstag bei einem interreligiösen Friedenstreffen am Kolosseum. Allzu viele Kriege führten dies immer wieder vor Augen, sagte sie bei der Schlusszeremonie des Gebetstreffens der Gemeinschaft Sant'Egidio.

Merkel warnte davor, sich an Bilder aus Krisenregionen zu gewöhnen. „Menschliches Leid wird nicht relativiert durch geografische Ferne.“

Papst Franziskus erinnerte bei dem Friedensgebet an den ursprünglichen Zweck des Kolosseums als Ort „brutaler Massenunterhaltung“. Auch heute erlebe die Menschheit Gewalt und Krieg, als wäre es ein Spiel, das gleichgültig aus der Ferne beobachtet werde.

In einem von einer Afghanin vorgetragenen gemeinsamen Appell beklagten die anwesenden Religionsführer, Gewalt sei erneut als Instrument internationaler Politik anerkannt. Mit dem Verschwinden der Generation, die die Gräuel des Zweiten Weltkriegs erlebt habe, würden bedeutende Fortschritte der Friedenskultur infrage gestellt.

Neben Franziskus nahmen weitere hohe Repräsentanten der Weltreligionen an dem Friedensgebet teil, darunter der Präsident der europäischen Rabbinerkonferenz, Pinchas Goldschmidt, sowie der ökumenische Patriarch Bartholomäus I. als Vertreter der orthodoxen Kirchen. Aus Deutschland reiste auch der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, an.

Der Groß-Imam der Universität von Al Azhar in Kairo, Ahmed al-Tayyeb, erhob bei dem Treffen schwere Vorwürfe gegen Industriestaaten, die Impfstoffe nicht abgegeben hätten. „Gravierende Schwierigkeiten bei der Verteilung haben ganze Kontinente des Impfstoffs beraubt.“

Zu einem interreligiösen Friedenstreffen hatte erstmals 1986 der damalige Papst Johannes Paul II. nach Assisi eingeladen. Seitdem organisiert die römische Gemeinschaft Sant'Egidio jährlich ein internationales interreligiöses Treffen.