Berliner Senat hat keinen vollständigen Überblick über Wahl-Pannen

Berliner Senat hat keinen vollständigen Überblick über Wahl-Pannen
Nach den Wahlen am 26. September prüft der Berliner Senat vielfältige Berichte über Unregelmäßigkeiten. Die Landeswahlleiterin sieht ihren Rücktritt derweil als ersten Schritt für die Wiederherstellung von verlorengegangenem Vertrauen.

Berlin (epd). Der Berliner Senat hat mehr als eine Woche nach den Bundestags- und Abgeordnetenhauswahlen am 26. September noch kein vollständiges Bild über die Pannen bei der Abstimmung. Bislang lägen Berichte aus sieben von zwölf Bezirken vor, sagte Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD) am Dienstag nach einer Senatssitzung in Berlin. Er fügte hinzu, die Möglichkeit zur Stimmabgabe sei „konstitutiv für eine Demokratie“.

Zugleich drückte Kollatz für die Landesregierung Bedauern aus: „Ich möchte mich namens des Senats bei allen entschuldigen, die Schwierigkeiten bei der Stimmabgabe hatten.“ Am Wahlsonntag hatte es in einer Reihe von Wahllokalen in Berlin Probleme gegeben. Berichtet wurde unter anderem über fehlende oder falsche Stimmzettel, lange Warteschlangen und daraus resultierend Stimmabgaben deutlich nach 18 Uhr, als bereits die ersten Hochrechnungen bekannt waren. Andere konnten ihre Stimmen gar nicht abgeben.

Neben Bundestags- fanden Wahlen zum Abgeordnetenhaus und zu den Bezirksverordnetenversammlungen statt sowie der Volksentscheid „Deutsche Wohnen & Co enteignen“. Die Grünen drangen am Dienstag auf Aufklärung der Ungereimtheiten. Die Landesvorsitzende Nina Stahr nannte die Unstimmigkeiten im RBB-Inforadio „extrem ärgerlich“. Es gelte, das Vertrauen in die Demokratie wieder zu stärken. Deshalb müsse alles restlos aufgeklärt werden.

Auch der Berliner Senat hat nach den Worten von Finanzsenator Kollatz großes Interesse, die Fehleranalyse voranzutreiben. Dabei werde auch Rat von externen Experten gesucht: „Der Innensenator ist mit seinem Team schwer unterwegs.“

Nicht alle Berichte über Pannen hätten sich bestätigt, sagte der Finanzsenator unter Hinweis etwa auf Medienberichte, wonach Jugendliche unter 18 Jahren für den Bundestag abgestimmt haben. Für die Bezirksverordnetenversammlungen liegt das aktive Wahlalter bei 16 Jahren.

Allerdings habe es falsche Wahlzettel in einzelnen Wahllokalen und erhebliche Kommunikationsprobleme zwischen Wahllokalen und Wahlvorständen gegeben. Als möglichen Grund für einen Teil der Pannen nannte Kollatz eine ungewöhnlich hohe Zahl an kurzfristigen Abmeldungen von Wahlhelfern.

Der Finanzsenator forderte dazu auf, das Engagement der 37.000 ehrenamtlichen Wahlhelferinnen und Wahlhelfer dennoch zu würdigen. Wegen vielerorts chaotischer Zustände in Wahllokalen hatte die Landeswahlleiterin Petra Michaelis vergangene Woche ihren Rücktritt erklärt.

Nach der Annahme ihres Amtsverzichts durch den Senat am Dienstag äußerte sie tiefes Bedauern darüber, dass das Vertrauen der Öffentlichkeit in den ordnungsgemäßen Ablauf der Wahlen erschüttert sei: „Ich werfe mir vor, dass ich nicht in aller Schärfe vorausgesehen habe, an wie vielen und an welchen Stellen es zu Überlastungssituationen und Überforderungen mit der Folge von Fehlern und Regelwidrigkeiten kommen würde.“

Die Annahme ihres Rücktritts durch den Berliner Senat sei ein erster Schritt, um Vertrauen wiederherzustellen. Sie sehe es gleichwohl als ihre Pflicht an, die Wahlen in Berlin formal korrekt abzuschließen. Daher bereite sie noch die Sitzungen des Landeswahlausschusses zur Feststellung der endgültigen Ergebnisse vor.