Demenzkranke dürfen ihren Betreuer selbst bestimmen

Demenzkranke dürfen ihren Betreuer selbst bestimmen

Karlsruhe (epd). Psychisch kranke und demenzkranke Menschen dürfen sich auch bei Geschäftsunfähigkeit einen ganz bestimmten Betreuer wünschen. Nur wenn die konkrete Gefahr besteht, dass die vorgeschlagene Person sich gegen das Wohl des Betreuungsbedürftigen verhält, kann das zuständige Betreuungsgericht den personellen Wunsch des Betroffenen ablehnen, entschied der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe in einem am Montag veröffentlichten Beschluss. (AZ: XII ZB 151/20)

Im Streitfall ging es um einen 1922 geborenen verwitweten Vater von vier Kindern aus dem Raum Marl. Bei dem seit März 2019 in einem Seniorenheim lebenden Mann besteht eine fortgeschrittene Demenz. Im Juni 2015 hatte er in einer notariellen Vorsorgevollmacht bestimmt, dass zwei seiner Kinder als Betreuer für ihn seine Angelegenheiten regeln sollten. Zu diesem Zeitpunkt war er bereits geschäftsunfähig.

Nach einem Familienstreit bestellte das Amtsgericht Marl einen Berufsbetreuer und übertrug einen Teil der Betreuungsaufgaben auf eine weitere Tochter des Dementen. Das Landgericht Essen entschied, dass die in der notariellen Verfügung genannten Kinder die Betreuung übernehmen sollten. Auch wenn der Vater damals bereits geschäftsunfähig war, dürfe sein Wunsch nicht übergangen werden, so das Gericht.

Dem stimmte nun auch der BGH zu. Eine betreuungsbedürftige Person müsse bei ihrem Wunsch nach einem bestimmten Betreuer weder geschäftsfähig sein noch über eine „natürliche Einsichtsfähigkeit“ verfügen. Grundsätzlich sei diejenige Person zum Betreuer zu bestellen, die der Betroffene wünscht. Nur wenn diese Bestellung dem Wohl des Betreuungsbedürftigen zuwiderläuft, dürfe dessen Wunsch übergangen werden.

Zwar könne auch ein Familienzwist - etwa beim Streit um eine Betreuung - dem Wohl des Betreuten zuwiderlaufen. Das sei hier aber nicht der Fall, befand der BGH. Zudem habe der demenzkranke Vater in zwei Anhörungen seinen Wunsch auf Betreuung durch seine zwei benannten Kinder bekräftigt. Dass diese die Betreuung nicht oder nur fehlerhaft ausüben könnten, sei nicht ersichtlich, entschied der BGH.