Möglicher islamistischer Anschlag auf Hagener Synagoge vereitelt

Möglicher islamistischer Anschlag auf Hagener Synagoge vereitelt
Vier Festnahmen an Jom Kippur
Nach Halle 2019 sollte offenbar auch in diesem Jahr am jüdischen Feiertag Jom Kippur eine Synagoge angegriffen werden. Die mutmaßlichen Anschlagspläne in Hagen sorgen bundesweit für Entsetzen.

Hagen (epd). In Hagen ist nach Angaben der Behörden vermutlich ein islamistisch motivierter Anschlag auf die Synagoge am jüdischen Feiertag Jom Kippur verhindert worden. Die Polizei habe einen 16-jährigen Syrer aus Hagen und drei weitere Personen festgenommen, nachdem es einen ernstzunehmenden konkreten Hinweis auf Tatort, Tatzeit und Täter gegeben habe, sagte der nordrhein-westfälische Innenminister Herbert Reul (CDU) am Donnerstag in Köln. Vertreter von Politik und Religionsgemeinschaften reagierten entsetzt und erinnerten an den Anschlag in Halle an der Saale vor zwei Jahren. Dort hatte ein Rechtsextremist an Jom Kippur zwei Menschen getötet, nachdem er erfolglos versucht hatte, in die örtliche Synagoge einzudringen.

Reul sagte, der am Mittwoch erhaltene Hinweis auf eine mögliche Gewalttat in Hagen habe Rückschlüsse auf eine „islamistisch motivierte Bedrohung“ zugelassen. Die jüdische Gemeinde habe daraufhin eine geplante Veranstaltung abgesagt. Nach der Räumung und Durchsuchung der Synagoge auch mit Sprengstoffspürhunden habe die Polizei keine gefährlichen Gegenstände im Gebäude oder im Umfeld gefunden. Die Zentralstelle Terrorismusverfolgung NRW bei der Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf übernahm die Ermittlungen.

Die Lage in Hagen sei ernst gewesen, die unmittelbare Gefahr sei aber gebannt, sagte der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) am Rande einer Wahlkampfveranstaltung in Bremen und kündigte an: „Wir werden alles tun, um aufzuklären, welche Netzwerke möglicherweise hinter diesem Anschlag standen.“ Auch Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) versprach: „Wir tun das Menschenmögliche, um unsere Bevölkerung zu schützen.“ Nie wieder dürften Juden in Deutschland in Angst leben, schrieb er im Kurznachrichtendienst Twitter. „Für Antisemiten gibt es in unserer Gesellschaft keinen Platz.“

Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) nannte es unerträglich, dass Juden erneut „einer so schrecklichen Bedrohungslage ausgesetzt“ seien. „Der Kampf gegen Antisemitismus in seinen verschiedenen Erscheinungsformen hat für uns allerhöchste Bedeutung“, erklärte sie. Integrationsstaatsministerin Annette Widmann-Mauz (CDU) forderte ebenfalls: „Wir müssen Antisemitismus in all seinen Ausprägungen entschieden bekämpfen.“ Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, zeigte sich gegenüber dem „RedaktionsNetzwerk Deutschland“ (Online) „entsetzt über neuerliche Pläne für einen Anschlag auf eine Synagoge an Jom Kippur“.

Die nordrhein-westfälische Antisemitismusbeauftragte Sabine Leutheusser-Schnarrenberger bezeichnete die mutmaßlichen Anschlagspläne als besonders verwerflich. Mit Beginn des Festes am Abend des 15. Septembers seien üblicherweise besonders viele Gläubige in der Synagoge. „Dass Jüdinnen und Juden ihren höchsten Festtag nicht feiern können, weil sie durch Antisemitismus an Leib und Leben bedroht sind, bestürzt mich immer wieder“, erklärte die frühere FDP-Politikerin.

Der Islamverband Ditib äußerte Solidarität und Mitgefühl mit „unseren jüdischen Glaubensgeschwistern“. Ein Anschlag auf eine Synagoge sei „ein Anschlag auf ein Gotteshaus und damit ein Anschlag auf die gesamte Gesellschaft“, erklärte die Türkisch-Islamische Union (Ditib) in Köln. Dabei spiele es keine Rolle, ob die Gewalttat angedroht, geplant oder tatsächlich verübt worden sei.

Der Exekutiv-Vizepräsident des Internationalen Auschwitz Komitees, Christoph Heubner, nannte den Hagener Fall ein Zeichen dafür, dass Antisemitismus unter muslimischen Migranten weit verbreitet sei. „Das ist kein Generalverdacht gegenüber allen Muslimen, aber eine Realität“, sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Freitag).